Start ins Jahr mit Jazz
Beim Neujahrskonzert des Kulturkreises Glashütten wurden heuer für die Ohren mancher langjährigen Besucher ungewohnte, jazzige Töne angestimmt. Zwar hat Jazz in der kleinen Taunusgemeinde durchaus Tradition, gab es hier doch früher Jahr für Jahr einen beliebten „Jazz-Frühschoppen“ zu Pfingsten und in letzter Zeit – animiert durch die Einschränkungen der Pandemie – drei sommerliche Open-Air Jam-Sessions vor dem Bürgerhaus. Aber das neue Jahr wurde vom Kulturkreis noch nie mit Jazz begrüßt. Doch warum eigentlich nicht, hatte man sich im Dezember doch sogar an eine „Jazzy Christmas“ mit dem Lucas Kalbas-Trio gewagt…
„Quattro J“, so der Name der noch ziemlich frischgebackenen Formation, die am 13. Januar mit Buddy Kayes und Billy Reids Jazz-Standard „I’ll close my Eyes“ den Abend eröffnete, fand vor gut zwei Jahren in Mannheim zusammen. Bandleader Jani Laakso, der in Glashütten aufwuchs und in Mannheim und Stuttgart Jazz-Trompete studierte, gab mit geschmeidigem, lässigen Spiel die für den ganzen Abend charakteristische Richtung vor. Wie beim Jazz üblich, traten seine Mitspieler im Verlauf aus der Rolle des bloßen Begleitens mit prächtigen Soli heraus, so der ungemein flexibel spielende Pianist Justin Zitt in Duke Jordans „Glad I met Pat“, in dem Laakso seine Trompete gegen das samten klingende Flügelhorn eintauschte. Auch in „Heyoke“ vom Komponisten und Trompeter Kenny Wheeler zeigte Zitt seine zugleich weiche und virtuose Behandlung der Tasten, und der Bassist Julian Grüneberg kam mit intensiven Pizzicato-Läufen zum Zuge. Selbst der Rhythmusanker Julius Steyer am Schlagzeug glänzte solistisch im letzten Stück vor der Pause, einer eigenen Komposition Jani Laaksos mit dem Titel „wütender Fuchs“ (finnisch „Vihainen Kettu“) – übrigens trugen noch drei weitere Kompositionen finnische Namen, ein Hinweis auf die teils finnischen Wurzeln ihres jungen Schöpfers. Damit haben wir die namengebenden vier „J“ genannt: Jani, Justin, Julian und Julius. Sie wurden nach der Pause dann auch einzeln vorgestellt und mit gebührendem Applaus bedacht.
Der Saal im Bürgerhaus bezog diesmal das Foyer mit ein, was einerseits für eine offene und etwas weniger formelle Atmosphäre, andererseits aber auch für eine recht frische Raumtemperatur sorgte – draußen lag schließlich Schnee! Trotzdem erfreute sich das Publikum am traditionellen Pausensekt und an der Gelegenheit zum Plausch mit Nachbarn und Freunden, der buchstäblich mehr Raum einnehmen konnte als sonst. Das soziale Miteinander macht schließlich den besonderen Charme dieser Kulturkreisveranstaltungen aus, auch deswegen kommen viele immer wieder gern, und das spezielle Programm dieses Abends lockte einige an, die sonst eher wenig Interesse am Kulturkreis haben.
Nach der Pause wurde der musikalische Reigen mit einer „Akademischen Festouvertüre“ von Julius Steyer eröffnet, die weder akademisch-förmlich daherkam noch irgendwie an die gleichnamige Gelegenheitskomposition von Johannes Brahms erinnerte, so dass der Titel wohl eher ironisch zu verstehen ist, vielleicht als verbale Anspielung aufs Studentenleben? Auch Laaksos anschließende Eigenkompositionen reflektierten Situationen aus der Welt studierender Musiker, zum Beispiel das in dem Stück „Flatmania“ zum Ausdruck kommende Chaos in der WG oder die „blauen Wände“ („Siniset Seinät“), in denen sich die Isolation zur bedrückenden Zeit der Pandemie spiegelt. Hier wie auch im letzten Stück des Programmes, „Henya“ von Gretchen Parlato mit schönem Klaviersolo zu Beginn, bekam die gelassene Ruhe des Konzertes einen melancholischen Unterton. Dazwischen aber wurde nochmal ein Zug flottgemacht, der vor der Pause schon in Gang gekommen war: Hatte Quattro J‘s Version von „Take the A-Train“ von Billy Strayhorn Laaksos Trompete schon da die schönsten, quäkenden Dämpfertöne entlockt und die Zuhörenden swingen lassen, so wurde der Zug nun „abgewrackt“ in „Take the Trainwreck“ erneut in Bewegung versetzt – eine amüsante, verfremdende Parodie nach dem Vorbild von Duke Ellingtons und John Coltranes „Take the Coltrane“ mit virtuosen Soli für alle vier Instrumente.
Trotz der am Schluss leise ausklingenden „Henya“ war der Beifall enthusiastisch und anhaltend, und die vier jungen Künstler hatten „zufällig“ eine Zugabe mitgebracht, nämlich „Starmaker“ von Lou Marini. „Die schönste Interpretation dieses Stückes ist die von Roy Hargrove auf dem Album „Ear Food“, kündigte es Jani Laakso an, aber so, wie das wieder sehr ruhige Stück an diesem Abend in Glashütten erklang, hätte es für den Moment nicht schöner sein können und war bestens geeignet, einen gut musikalisch durchgewärmt in den kalten Winterabend zu entlassen.
Fazit: Ein gelungener Auftakt für ein abwechslungsreiches Kulturkreisjahr und der Beweis, dass es in jeder Musikrichtung tollen Nachwuchs gibt, und dass der Veranstalter nicht nur „Klassik“ kann.
11. November 2022
Für die Presse
Am 11.11. herrschte in ganz Deutschland ruhiges, spätherbstliches Hochdruckwetter, doch während das für Frankfurt und seine Vororte Nebel und feuchte Kälte bedeutete, schien auf der Taunushöhe den ganzen Tag die Sonne, und wie so oft ließ sich abends durch die Panoramafenster des Glashüttener Bürgerhauses ein spektakulärer Sonnenuntergang erleben. Und während in den Karnevals-Hochburgen Mainz und Düsseldorf Zigtausende feierten, in Köln gar pures Chaos herrschte, konnten die Gäste des Kulturkreises in Glashütten in aller Ruhe eine musikalische Sternstunde genießen – was für Kontraste!
Der Stern des jungen Amatis Trios (Lea Hausmann, Violine, Samuel Shepherd, Violoncello und Mengije Han, Klavier) ging nach 2017 schon zum zweiten Mal in diesem für Kammermusik so vorzüglich geeigneten Saal auf. Schon wenige Wochen nach seiner Gründung im Jahr 2014 hatte das junge Trio den Publikumspreis des Grachtenfestival-Wettbewerbs in Amsterdam und den 1. Preis beim Parkhouse Award in London gewonnen und sammelt seitdem einen renommierten Klassik-Preis nach dem anderen ein. Es wurde inzwischen in die Liste der »BBC New Generation Artists« und der „Echo Rising Stars“ der europäischen Konzerthäuser aufgenommen und wird regelmäßig in das Königliche Concertgebouw in Amsterdam und in die für ihre grandiose Akustik gerühmte Londoner Wigmore Hall eingeladen. In Deutschland war das Ensemble schon in fast allen großen Konzertsälen zu hören, aber auch in der Schweiz, der Türkei, in Schweden, Indien, Kanada, USA und Australien trat es auf – nicht einmal die Pandemie konnte seinen Höhenflug wesentlich bremsen. Die jungen Leute arbeiten mit erfahrenen, weltbekannten Kammermusiker:innen zusammen und haben auch schon einige zeitgenössische Werke in Auftrag gegeben und uraufgeführt. Ihre Debüt-CD erschien bei CAvi Records und enthält Werke von Enescu, Ravel und Britten, und auch eine CD zusammen mit dem Klarinettisten Ib Hausmann (Lea Hausmanns Vater), auf der Messiaens „Quartett für das Ende der Zeit“ zu hören ist, wurde inzwischen aufgenommen.
Reichlich Vorschusslorbeeren und hohe Erwartungen – und wurde das Trio diesen gerecht? Absolut! Gleich mit dem einleitenden Mozart-Trio C-Dur KV 548 nahmen es das Publikum so schwungvoll mit, dass viele schon nach dem ersten Satz spontan applaudierten. Sein perfektes Zusammenspiel und das Ineinandergreifen der sich besonders im 2. Satz in der Melodieführung abwechselnden Instrumente waren einfach beglückend, und die feine dynamische Differenzierung ließ diesen Mozart sehr lebendig und kein bisschen langweilig werden, wofür auch einige komponierte Überraschungen wie z. B. die plötzlichen Forte-Akkorde in der Mitte des zweiten Satzes sorgten. Das abschließende heitere Rondo nahm den Schwung vom Anfang wieder auf und bot wiederum viele unerwartete Wendungen, die für die Musik Mozarts zumindest bei genauem Hinhören so typisch sind.
Ib Hausmann, der das Amatis-Trio schon vor fünf Jahren nach Glashütten führte und sowohl musizierend als auch moderierend begleitet, kann man nicht nur hier getrost als „alten Bekannten“ bezeichnen. Die Berufsbezeichnung „Klarinettist“ beschreibt seine Tätigkeit spätestens seit seinem Abschied als Soloklarinettist der Berliner Staatskapelle vor bald 35 Jahren nur noch bedingt, tritt er doch auch als Komponist, Dirigent, Musikerzieher und -erklärer im weitesten Sinne sowie als Konzertveranstalter in Erscheinung. Sein Solo-Repertoire ist gigantisch, er liebt Jazz und Improvisation und setzt sich beharrlich für Musik abseits des Mainstream ein. Man lernt bei seinen Auftritten eigentlich immer etwas Neues kennen, wobei sein Eintreten für die in der Nazizeit als „entartet“ verschmähte Musik besonders verdienstvoll ist.
An diesem Abend stellte er zusammen mit Mengije Han drei „Lieder ohne Worte“ des israelisch-deutschen Komponisten Paul Ben-Haim (1897-1984) vor, die 1952 in Israel entstanden und in Klang und Rhythmik an jüdische oder arabische Lieder erinnern. Hausmann und sein Begleiter fühlten sich sensibel in diese melancholische bis klagende Musiksprache ein und schworen deren ganz spezifische Atmosphäre herauf. Der Komponist, der ursprünglich Heinrich Frankenburger hieß und im Deutschland der zwanziger Jahre eine Karriere als Kapellmeister startete, schrieb bis zu seiner Emigration nach Palästina 1933 romantische Musik im Stile von Mendelssohn, Mahler oder Hugo Wolf, wovon er sich in seiner neuen Heimat komplett abwandte. Sein 1937 komponiertes Streichquartett op. 21 ist sein erstes in Palästina entstandenes Werk und wurde rasch eines der populärsten in Israel entstandenen Kammermusikwerke.
Auch mit dem dritten Werk des Abends stellte Ib Hausmann Musik der Emigration vor: Bela Bartoks „Kontraste“ für Klarinette, Violine und Klavier zählen sicher zum anspruchsvollsten, was der Kosmos der Kammermusik zu bieten hat – sowohl für die Ausführenden, als auch für die Zuhörerschaft. Die harmlosen Satzbezeichnungen „Werbertanz, Entspannung, Schneller Tanz“ sind insofern irreführend. Besonders die Geigenstimme ist hoch virtuos, hier sind Akkordgriffe, Arpeggi, Flageolett, Pizzicati und Tremoli am laufenden Band gefordert. Die volkstümlich-ungarische, mal tänzerische, mal kantable Melodik liegt vorwiegend in der nicht minder virtuosen Klarinettenstimme, während das Klavier dem Werk vor allem rhythmische Struktur verleiht. Der dynamische Kontrast zwischen extrem leisen und sehr lauten Stellen wirkte in dem relativ kleinen Saal besonders krass, bis auf kurze Stellen war das gewiss keine Musik zum Zurücklehnen und Genießen. Und der biographische Hintergrund ist auch emtsprechend ernst: Bartok, der überzeugte Antifaschist, war 1940 nach langem Zögern in die USA emigriert, ein „Sprung ins Ungewisse aus dem gewusst Unerträglichen“, wie er selbst es nannte. Mit den „Contrasts“, die er noch in Budapest komponiert hatte, wollte er sich dem amerikanischen Publikum vorstellen, wobei ihm der Klarinettist Benny Goodman und der Geiger Joseph Szigeti halfen. Die drei Musiker führten 1940 in New York das Stück zum ersten Mal auf, und es hatte wohl durchaus einen gewissen Erfolg, der aber nichts daran änderte, dass Bartok unglücklich war und vergessen und verarmt 1945 noch vor Kriegsende in New York starb. Hieran direkt anschließend einfach Schumann zu spielen, hätte wohl alle überfordert, weshalb die folgende kurze Pause dankbar angenommen wurde.
Robert Schumann schrieb für Violine, Violoncello und Klavier drei „offizielle“ Trios und die Fantasiestücke op. 88, die eigentlich auch hierunter zu rechnen sind. Das Amatis-Trio spielte das Trio Nr. 3 op. 110 in g-Moll mit ähnlichem Schwung wie zu Beginn bei Mozart, wobei der Wechselgesang zwischen den drei Instrumenten noch viel enger verzahnt ist und manchmal geradezu atemberaubend schnelle Anschlüsse erfordert. Der zweite Satz, „Ziemlich langsam“ gab Geige und Cello Gelegenheiten zu wunderbar ausgesungenen Kantilenen, die allerdings – typisch Schumann – von einem plötzlichen dramatischen Ausbruch unterbrochen wurden. Der dritte Satz, ein Scherzo, steigert sich zu einer Art Toccata, die sich am Ende fast wie besessen im Kreise zu drehen scheint, immer dasselbe Thema wiederholend, bis der Satz wie atemlos zum Stehen kommt. Im auftrumpfenden 4. Satz („Kräftig, mit Humor“) wird das Scherzothema mehrfach zitiert, Amatis steigert sich in den fast triumphalen Schluss hinein, und das Publikum applaudiert begeistert – auch einige „Bravi“ sind zu vernehmen, zu Recht!
Ib Hausmann, der kenntnisreich, aber nie dozierend, das Konzert moderierte, wünschte einen beschwingten Heimweg, und dazu passend bedankten sich die Musiker:innen mit der Zugabe von Kreislers „Schön Rosmarin“.
Dass es coronabedingt noch immer keine Erfrischungen in der Pause gab und obendrein die im Bürgerhaus befindliche Gaststätte zur Zeit wegen Renovierung geschlossen ist, waren wohl die einzigen Dinge, die die Besucher an diesem großartigen Abend vermissen konnten.
Die dabei waren, gingen in dem Gefühl nach Hause, zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen zu sein – das musste man erlebt haben. Bleibt nur, den jungen Leuten Glück für ihre Karriere und Ib Hausmann Dank für seine Initiative zu sagen, in der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen.
18. September 2022
Für die Presse
Wohlklang und Pep von acht Stimmen
„Et Hepera“ – was soll das heißen? „Und Hepp!“, wie beim Sport? Google meint: „und untätig“, was einem nicht wirklich weiterhilft – kaum vorstellbar, dass die acht jungen Sängerinnen und Sänger, die am Sonntag, den 18. September in der Schlossborner Pfarrkirche auftraten, in irgendeiner Weise „untätig“ sind oder waren. Im Gegenteil bewiesen sie mit ihrer hervorragenden Textverständlichkeit, ihrer sauberen Intonation und vor allem mit ihrem abwechslungsreichen, durchdachten Programm ein gründliches individuelles Studium, geduldige und intensive Probenarbeit und ganz allgemein viel Fleiß bei der Vorbereitung. Nun gut, man muss sich nicht lange mit der Erklärung des Namens Et Hepera aufhalten, jedenfalls ist er leicht zu merken – und dies kann man allen Freundinnen der Vokalmusik nur dringend empfehlen!
„Circles – Kreise“ hatten die Acht ihr Konzert genannt, durch das sie mit launiger Moderation selbst führten. Den ersten Kreis, den „Lebenskreis“, begannen sie mit „The Garden“ von Bobby McFerrin, einem modernen Vokalklassiker, den sie mit der gebotenen Leichtigkeit aufblühen ließen. Kontrastierend stellten sie den kunstvoll-polyphonen Satz „Da Jakob vollendet hatte“ von Johann Hermann Schein (1586-1630), einem der bekannteren Vorgänger Bachs im Amt des Leipziger Thomaskantors, als Musik zum Lebensende gegenüber. Und so wechselten auch im weiteren Programm fröhliche, makabre, melancholische, swingende, lässige, verliebte und auch rührende Stücke einander ab, von der schaurigen „traurigen Krönung“ (Hugo Distler 1908-1942) über „Tired“ von Ralph Vaughan Williams (1872-1958) bis zu modernen jazzigen Arrangements wie „Chili con Carne“ im „Tageskreis“ (man muss schließlich auch mal etwas essen) und zurück zur romantischen „Lockung“ von Fanny Hensel aus dem 19. Jahrhundert. „Musik“ (Hammarström) und „Stemning“ (Peterson-Berger), zwei Stücke aus dem reichen Schatz schwedischer Chorsätze, rundeten mit dem niederländischen „Avondlied“ den Tageskreis ab.
Mit der ironischen „Entschuldigung“ von Friedrich Silcher und Johannes Brahms’ „All meine Herzgedanken“ eröffnete das Gesangsensemble den letzten Circle, den „Beziehungskreis“, in dem es vor allem um das romantische Thema schlechthin ging: die Liebe. „Kein Feuer, keine Kohle“, witzig von Strophe zu Strophe dissonanter arrangiert, „Beautiful Love“ und „How deep is your Love“ waren klangliche Leckerbissen, die einen kräftigen Applaus des leider nicht sehr zahlreichen Publikums hervorriefen. Zum Dank schickten Et Hepera ihr Auditorium mit einem Lächeln, der Zugabe „Smile“, nach Hause. Und für diejenigen, die sie diesmal verpasst haben: Am 16. Oktober ist die Truppe wieder zu hören, in St. Marien in Bad Homburg.
Wieder einmal zeigte sich das hohe Niveau der Konzerte des Glashüttener Kulturkreises. Musikinteressierte sollten den Weg in die Taunusgemeinde und auch in die leider zu jeder Jahreszeit ausgesprochen kühle Schloßborner Kirche nicht scheuen – hier kriegen sie immer wieder sehr gute Musik geboten. Und das nächste Konzert, ein Liederabend unter dem Titel „Abendempfindung und Nachtgesinnung“ am 15.Oktober um 18 Uhr, findet zum Glück im hinreichend beheizten Saal des Bürgerhauses Glashütten statt. Nicht versäumen!
Verfaßt von Dr. Hansjörg Melcher
25. Juni 2022
Für die Presse
Romantisches Heimspiel in Glashütten
Der in Schloßborn aufgewachsene Pianist Christopher Park war am vergangenen Samstag, dem 25. Juni, nach sieben Jahren wieder einmal mit seinem Cellopartner Adolfo Gutiérrez Arenas in Glashütten zu erleben – ein bemerkenswerter, intensiver, sommerlich-romantischer Abend. Wie schon häufiger bei Auftritten mit Christopher Park gab es auch diesmal zwei pausenfreie Konzerte mit einem längeren Intervall dazwischen, damit die große Nachfrage nach Eintrittskarten befriedigt werden konnte. Das letzte Konzert von Park, ein Klavierabend im Herbst 2020, stand noch ganz im Zeichen der Corona-Pandemie, Gesichtsmasken beherrschten das Bild, die Bestuhlung des Saales im Bürgerhaus war reduziert und auf Abstand gestellt, und bedingt durch gründliches Lüften war es recht kühl und zugig. Am 25. Juni 2022 dann welch ein Kontrast: zweimal hintereinander ein voller Saal, sommerliche Wärme trotz geöffneter Fenster und Türen, begeisterter, volltönender Applaus (nach dem zweiten Konzert sogar Standing Ovations) und endlich wieder ein Gläschen Sekt zwischen den Konzerten! Dass es den Musikern zu heiß wurde und die Instrumente vermutlich auch unter der Hitze litten, konnte das Publikum zwar sehen – hörbar war dies für den Laien zum Glück nicht. Im Gegenteil: Arenas wertvolles Violoncello, gebaut 1673 von Francesco Ruggeri, einem Kollegen des berühmten Amati in Cremona, entfaltete selbst unter den widrigen Verhältnissen seinen warmen, betörenden Klang. Trotz aller pastoralen, geradezu familiären Atmosphäre lag gespannte Erwartung in der Luft, nur unwesentlich getrübt vom Geläut der nahen Kirchenglocken, auch schon mal einem Handysignal oder einer Besucherin, die auf der Suche nach einem Glas Wasser wenige Zentimeter an den unbeirrbaren Musikern vorbeilief – auch so etwas erlebt man wohl nur im ländlichen Raum.
Zum Beginn, wie schon vor sieben Jahren, Beethoven, dessen Sonaten für Violoncello und
Klavier das Duo vor einiger Zeit komplett auf CD eingespielt hat. Seine g-Moll-Sonate ist
1796 in Berlin entstanden und wurde wie auch die erste Cellosonate dem preußischen König Friedrich Wilhelm II. gewidmet. Ist sie nun zwei- oder dreisätzig? Auf jeden Fall ungewöhnlich scheint die Länge der langsamen Einleitung, die ja im Prinzip von einigen Beethoven-Sinfonien bekannt ist, hier aber wirklich zu einem eigenen, eindeutig „romantischen“ Satz „Adagio sostenuto ed espressivo“ anwächst. Wunderbar kosteten die beiden Künstler die abwechselnden großen Melodiebögen aus und führten höchst spannend in den tänzerisch-bewegten Dreiertakt des „Allegro molto più tosto presto“ über. Auch der Finalsatz, ein lebhaftes Rondo, wirkte tänzerisch und beschwingt, ließ aber auch Beethoven’sche Dramatik aufblitzen. Der „Refrain“ hätte sicher vielen lange im Ohr bleiben können, wäre nicht gleich im Anschluss eines der bekanntesten Werke für Violoncello (?) und Klavier erklungen:
Franz Schuberts „Arpeggione“-Sonate D. 821 ist 1824 eigentlich für die 1823 entstandene Arpeggione geschrieben worden, ein Saiteninstrument, dass Eigenschaften der Gitarre und des Cellos vereint. Es hatte sechs Saiten, die wie bei der Gitarre gestimmt sind, Metallbünde und einen flachen Boden – und hat sich nicht durchsetzen können. Nur selten wird von
Enthusiasten mal ein Instrument aus einem Museum oder auch ein Nachbau gespielt, während im Gegensatz dazu Aufführungen und Aufnahmen mit Cello und Klavier durchaus häufiger
zu hören sind. In Glashütten wurde natürlich diese Version dargeboten, sehr klangschön, unbestreitbar romantisch. Besonders bei den Kantilenen im wieder rondoartigen letzten Satz, aber auch in den ersten beiden Sätze trafen Arenas und Park den erzählend-liedhaften Ton Schuberts exzellent. Ob mit einer „richtigen“ Arpeggione die Sonate „besser“ klingen würde? Kaum vorstellbar, am Samstag war das Stück hinsichtlich Balance und Klang jedenfalls absolut stimmig.
Sergej Rachmaninoffs Sonate für Violoncello und Klavier g-Moll op. 19 gilt als zentrales Werk romantischer Cello-Literatur. Der Komponist bedankte sich damit 1901 bei seinem Psychiater für die Heilung von einer Depression, die ihn von 1897-1900 am Komponieren gehindert hatte. Nach düsterem Piano-Beginn hellt sich die Musik im ersten Satz immer mehr auf, und die beiden Solisten markierten die etwas verbissene Freude am Satzende sehr treffend. Im zweiten Satz, einem Scherzo, fühlt man sich zu Beginn an Schuberts „Erlkönig“- Lied und im Verlauf auch stark an Rachmaninoffs 2. Klavierkonzert, seinen kurz zuvor entstandenen großen Durchbruch, erinnert. Im Andante des dritten Satzes kulminiert die schwelgerische Romantik in wunderschönen Kantilenen, mit denen sich Klavier und Cello abwechseln, und auch im Schlusssatz „Allegro mosso“ erwachsen aus gehetzten Läufen und Oktavpassagen immer wieder gesangliche Stellen, bis sich alles zu einer großartigen Coda steigert. So schloss sich der große Bogen von den ersten Anfängen der Romantik im 19. bis zum Höhepunkt im 20. Jahrhundert.
Der begeisterte Saal erklatschte sich eine Zugabe: Aus Robert Schumanns „Fünf Stücken im Volkston“ die Nummer 2, „Langsam“ – ein kurzer Lacher im Publikum zeigte, dass sich nach der Dramatik des Rachmaninoff wohl niemand etwas anderes als ein langsames Stück wünschte. Dennoch hätte es vielleicht noch eine weitere Zugabe gegeben, wäre die Hitze mittlerweile trotz Dauerlüftung nicht so unerträglich geworden. Nun ja, ein Gebäude aus den
1970er Jahren genügt heutigen Anforderungen an einen Konzertsaal halt nicht in jeder Hinsicht, und Pläne für einen Umbau des Bürgerhauses liegen wohl auch bereits in der Schublade, wurden allerdings erst einmal hinter dringlichere Vorhaben zurückgestellt. Trotzdem: Die Nähe von Auditorium und hochklassigen Musikern findet man woanders nicht so leicht, und dies macht die Konzerte des Kulturkreises Glashütten immer zu einem ganz besonderen Ereignis. Und die Glashüttener Musikfreunde können froh sein, in Christopher Park jemanden zu haben, der gerade auch wegen seiner treuen Fangemeinde immer wieder bereit ist, hierher zurückzukehren, hochkarätige Solistenfreunde mitzubringen und ein Heimspiel zu absolvieren. Möge es noch oft dazu kommen.
Verfaßt von Dr. Hansjörg Melcher
Für die Presse
Eine Hommage an Sophie Scholl
Der Kulturkreis Glashütten lädt am Samstag, 12. März um 19.00 Uhr ins Bürgerhaus Glashütten, Schloßborner Weg 2, anlässlich des 100. Geburtstages der Widerstandskämpferin Sophie Scholl zu einer Szenischen Lesung mit SPIEGEL-Bestsellerautor Tim Pröse ein.
Am 9. Mai 2021 wäre Sophie Scholl 100 Jahre alt geworden. Gerade heute ist und bleibt sie ein leuchtendes Vorbild und eine Mutmacherin gegen Hass und Hetze.
Tim Pröse hat von Sophies Schwester Inge Aicher-Scholl, die er lange Zeit begleitete, bislang kaum bekannte Dokumente bekommen. Die „Erinnerungen an München“ erzählen sehr privat und sehr eindringlich von den letzten Tagen und Stunden der Widerstandskämpferin und ihres Bruders, auch vom Besuch der Eltern im Todestrakt des Münchner Gefängnisses.
Tim Pröse zeigt bei der Veranstaltung seltene Bilder von Sophie Scholl und tritt mit dem Publikum in einen regen Austausch.
Die Veranstaltung wird unter den aktuellen Corona – und Hygienebedingungen durchgeführt.
Der Eintritt beträgt 10 Euro, Kulturkreismitglieder 8 Euro. Kinder und Jugendliche 3 Euro. Karten gibt es ausschließlich im Vorverkauf bei „Et cetera pp“ ( nur Barzahlung ) und über ticket@kulturkreis-glashuetten.de.
Für die Presse
Junge Talente in Glashütten
Seit Ende der 1980er Jahre bietet der bald 40 Jahre bestehende Kulturkreis Glashütten jungen, besonders talentierten Musikerinnen und Musikern eine Bühne, was bis 2007 sogar intensiv vom Hessischen Rundfunk unterstützt wurde, der im Rahmen seiner Reihen „Forum der Jungen“ und „Musikszene Hessen“ diese Konzerte aufzeichnete und mit seinen Sendungen Mitwirkende und Aufführungsort überregional bekannt machte. Leider fiel diese kulturelle Breitenarbeit irgendwann dem Rotstift zum Opfer, was aber zum Glück den Kulturkreis nicht am Weitermachen hinderte, der nach wie vor ganz besonders die Förderung junger, noch weitgehend unbekannter Talente zu seinen Hauptaufgaben zählt. Wer sich heute als junger Mensch entschließt, klassische Musik nicht nur passiv zu konsumieren (schon das ist eine Minderheit), sondern intensiv als anspruchsvolles Hobby zu betreiben oder Musizieren gar zum Beruf zu machen, braucht starke Nerven, viel Geduld, Selbstvertrauen und Unterstützung durch Familie, Freunde und Organisationen. In diesem Sinne spielen Auftrittsmöglichkeiten wie das schon zur Tradition gewordene Neujahrskonzert des Kulturkreises Glashütten im dortigen Bürgerhaus eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Am Sonntag, den 23. Januar, konnten sich hier wieder einmal junge Leute präsentieren, die ihre Wurzeln in der kleinen Taunusgemeinde oder zumindest einen engen Bezug zu ihr haben. Anna-Maria Farnung und Pauline Meisel machten mit César Francks bekannter Violinsonate den Anfang. Er komponierte sie im Sommer 1886 und widmete sie seinem Freund Eugène Ysaïe, einem der Begründer der Belgischen Violinschule. Das Werk lebt einerseits vom Kontrast zwischen zwei romantisch wiegenden, langsamen Sätzen, auf die je ein lebhafter, zupackender Teil folgt, und andererseits von einem musikalischen Motto, welches die ganze Sonate durchzieht. Die beiden jungen Solistinnen trafen von Anfang an den zarten, dunkel- lyrischen, zumindest zum ersten und dritten Satz passenden Ton, ohne dabei ins Süßliche zu verfallen. Auch die virtuosen Sätze zwei und vier gelangen hervorragend, vielleicht an einigen Stellen etwas vorsichtig, wobei die mitreißende Coda am Ende den lebhaften Beifall des dankbaren Publikums hervorrief.
Kreislers Liebesleid als Zugabe leitete wunderbar zu den anschließenden „Romantischen Stücken“ op. 75 von Antonin Dvořák über, deren schlichter Volkston die Zuhörenden unmittelbar anspricht. Sie entstanden fast genau gleichzeitig wie die Franck-Sonate, doch zeigen sie eine ganz andere Facette der Romantik: Statt eines französischen Salons erscheint ein böhmischer Gasthof mit Tanzkapelle vor dem geistigen Auge des Hörers. Dvorak, der sich in seiner Jugend mit Geigenspiel etwas Geld verdiente, hat später diese bodenständige Musik in den von ihm selbst so genannten „Kleinigkeiten“ verarbeitet. Am Flügel im Bürgerhaus spielte nun Johanna Meisel gemeinsam mit dem Geiger Leonard Melcher vor allem im zweiten Stück zum Tanz auf, dass es eine Freude war. Die anderen drei Stücke wurden unter ihren Händen zu im wahrsten Sinn romantischen Volksliedern, wie sie sich Dvorak vorgestellt haben dürfte. Das Schlussstück, ein von Seufzermotiven und Doppelgriffen durchsetztes Arioso, geriet den beiden jungen Leuten an diesem Abend besonders melancholisch-schön.
Wieder eine andere Welt eröffnete danach Leonard Melcher mit der Sonate für Violine allein von Paul Hindemith. Geschrieben 1924, also vor knapp hundert Jahren, ist uns diese Musik zwar zeitlich näher, musikalisch aber ferner, da sie scheinbar das klassisch-romantische Terrain verlässt. Vielleicht hätten ein paar einführende Worte manchem den Zugang zu diesem Stück erleichtert? Eigentlich handelt es sich zumindest in den ersten beiden Sätzen um nichts anderes als Naturschilderung, die durchweg mit tonalen Mitteln arbeitet und mit Trillern und Kuckucksrufen „Sehnsucht nach dem Frühlinge“ ausdrückt. Der Beginn könnte an fließendes Wasser (einen Bach?) denken lassen, Debussy lässt grüßen, und im dritten Satz, der durchgehend Pizzicato (also zupfend) zu spielen ist, schimmert wie von weitem ein derbes Tänzchen im Dreiertakt durch. Im abschließenden vierten Satz mit seinen Variationen über das Lied „Komm, lieber Mai, und mache“ sind die Bezüge zur Melodie nicht leicht nachzuvollziehen, aber „Lottchens Herzeleid“, das in der vierten Liedstrophe besungen wird, spiegelt sich ganz eindeutig im Charakter der dritten Variation, und in der vierten taucht auch der Kuckuck wieder auf. Der junge Geiger spielte mit großem Ernst und gleichzeitig heiterer Leichtigkeit, und das Publikum schmunzelte an einigen Stellen hörbar – offenbar hatte es den Sinn verstanden und teilte angesichts des trüben Januarwetters vor den Saalfenstern die Sehnsucht nach dem Frühling.
Zurück zur Romantik des 19. Jahrhunderts führten Johanna Meisel und Leonard Melcher mit Robert Schumanns erster Violinsonate a-Moll op. 105, komponiert 1851 in seiner „guten“ ersten Düsseldorfer Zeit, als unter anderem seine Rheinische Sinfonie entstand. Die mit nur drei Sätzen recht kompakt und konzentriert wirkende Sonate ist ein Spätwerk, das wesentlich von seinem jungen Geigerfreund Joseph Joachim angeregt, allerdings nicht von ihm uraufgeführt wurde. Es erschien später unter der Bezeichnung „Sonate für Piano und Violine“ – ein Hinweis darauf, dass Schumann die beiden Instrumente ebenbürtig behandelte und das Klavier nicht nur begleitende Funktion hat. Diesem gleichberechtigten Musizieren wurden die beiden Solisten mit ihrem konzertierenden Spiel absolut gerecht. Warmen, sehnsüchtigen Klang verströmten sie gleich mit dem schnörkellosen Beginn, der wie aus dem Nichts heraus das erste Thema präsentiert, um danach die dramatischen Steigerungen spannend auszugestalten. Auch im an eine Ballade erinnernden zweiten Satz arbeiteten sie die Kontraste zwischen dem zarten Anfang und den lebhaften, tänzerischen Einwürfen heraus, was ihnen auch im virtuos-spukhaften letzten Satz hervorragend gelang. Hier fühlte man sich durch die repetierenden leisen Sechzehntel fast in Mendelssohns Sommernachtstraum versetzt, das Stück hetzt förmlich dem Ende entgegen, aber Meisel und Melcher behielten die Kontrolle. Kräftiger, anhaltender Applaus forderte als Zugabe das wohl bekannteste „Romantische Stück“ Nr. 3 (Allegro appassionato) von Dvořák heraus.
Große Dankbarkeit bei allen Beteiligten, dass trotz aller Widrigkeiten so wunderbare Musik in diesen Zeiten hörbar gemacht wird und der Kulturkreis Glashütten unbeirrt ein abwechslungsreiches Programm für 2022 plant. Bleiben wir alle zuversichtlich!
Ein Déjà-vu? Ja und nein. Die Ankündigung des in den letzten Jahren zu einer „jungen Tradition“ gewordenen Neujahrskonzertes im Glashüttener Bürgerhaus könnte man vom Januar 2021 wörtlich übernehmen. Da hieß es, die Corona-Pandemie werde uns auch 2021 alle beschäftigen und besonders das kulturelle Leben stark einschränken. Wie wahr! Und für 2022 gilt dies leider trotz immenser gesellschaftlicher und individueller Anstrengungen genauso. Am Ende musste das Konzert im vergangenen Jahr erst verschoben und dann ganz abgesagt werden, was die jungen Künstlerinnen aus Glashütten und ihr Publikum sehr bedauerten. 2022 bleibt das Organisationsteam des Kulturkreises Glashütten allen Widrigkeiten zum Trotz optimistisch und bietet unter „2G“-Regeln seinen treuen Mitgliedern und allen Interessierten am Sonntag, den 23. Januar 2022 um 17 Uhr eine Neuauflage des Neujahrskonzertes in derselben Besetzung (Anna-Maria Farnung und Leonard Melcher, Violine; Johanna und Pauline Meisel, Klavier) mit leicht abgewandeltem Programm. Freuen Sie sich also auf romantische und neoklassische Kammermusik von Schumann, Franck und Hindemith und sichern sich rechtzeitig Karten für die begrenzte Anzahl Plätze im Bürgerhaus Glashütten!
Der Eintritt kostet 15 Euro, Mitglieder zahlen 12 und Jugendliche 5 Euro. Karten gibt es ausschließlich im Vorverkauf bei Et cetera pp (nur Barzahlung) und per E-Mail an ticket@kulturkreis-glashuetten.de.
Für die Presse
Zwei Klassik-Stars kehren zurück nach Glashütten
Am Sonntag, den 10. Oktober 2021, werden erneut zwei großartige Musiker in Glashütten erwartet: Der in der Taunusgemeinde aufgewachsene, inzwischen international renommierte Konzertpianist Christopher Park kommt auf Einladung des Kulturkreises Glashütten und bringt wie schon 2015 einen seiner Kammermusikpartner, den Cellisten Adolfo Gutiérrez Arenas, mit ins dortige Bürgerhaus. Parks hiesige große Fangemeinde ist froh, wie sehr er seiner Heimat verbunden bleibt – wo er doch mittlerweile schon zahlreiche Soloabende in großen Konzertsälen wie dem Concertgebouw Amsterdam, dem Barbican Center London, den Philharmonien in Köln und Paris sowie in Stockholm, Wien und Budapest gegeben hat. Ein Höhepunkt: Als ECHO „Rising Star“ eröffnete er 2017 den ersten Klavierabend in der jungen Geschichte der Elbphilharmonie Hamburg. Dennoch: Selbst unter „Coronabedingungen“ war er vor knapp einem Jahr bereit, in Glashütten aufzutreten und sein Programm zweimal zu spielen, damit auch hier möglichst viele Menschen in den Genuss seiner Musik kommen konnten.
Sein Partner Adolfo Gutiérrez Arenas, geboren in München als Sohn spanischer Eltern, gewann 2002 den französischen Maurice-Ravel-Preis als Solist und als Kammermusiker – der Auftakt zu einer internationalen Karriere. Inzwischen musizierte er mit allen großen Orchestern seiner spanischen Heimat, mit bedeutenden britischen Orchestern und Orchestern in Nord- und Südamerika. Seine besondere Liebe aber gilt der Kammermusik, die er auf Festivals wie dem Schleswig-Holstein Musikfestival, dem Festival Música y Danza Granada, dem Ravinia-Festival und dem Montreal Symphony Summer gemeinsam mit weiteren Pianisten wie Josu de Solaun und Christian Zacharias sowie der Geigerin Alissa Margulis zu Gehör bringt. Seine Präsentation der Beethovenschen Cellosonaten mit Christopher Park 2015 in Glashütten dürfte vielen noch in lebendiger Erinnerung sein.
Freuen Sie sich auf diesen Kammermusikabend der Extraklasse im für solche Musik besonders geeigneten Saal des Bürgerhauses Glashütten – auch diesmal wieder mit Beethoven-Sonaten und der Sonate für Violoncello und Klavier op. 19 von Rachmaninoff.
Wieder sind die Künstler dankenswerterweise bereit, das Programm zweimal zu spielen, nämlich um 17 Uhr und um 20 Uhr.
Eintritt 15 €, Kulturkreis-Mitglieder 12 €, Kinder und Jugendliche 5 €. Karten ausschließlich im Vorverkauf (nur Barzahlung) bei et cetera pp, per Mail info@kulturkreis-glashuetten.de
Das Programm des Konzerts und weitere Informationen unter www.kulturkreis-glashuetten.de.
Aus Anlass seines schon ein paar Monate zurückliegenden 100. Geburtstages veranstaltete der Kulturkreis Glashütten am 5. September ein Gedenkkonzert zu Ehren des Komponisten und langjährige Frankfurter Hochschulprofessors Richard Rudolf Klein in der Schloßborner Kirche St. Philippus und Jacobus. Der Kulturkreis setzte damit gewissermaßen die von ihm 1996 begründete Tradition fort, alle fünf Jahre den Geburtstag dieses Mannes, der über viele Jahre in Schloßborn sonntags die Orgel spielte und sich auch sonst intensiv für das hiesige kulturelle Leben einsetzte, mit einem ihm gewidmeten Konzert zu feiern.
Richard Rudolf Klein lebte seit den 1960er Jahren bis zu seinem Tode im Dezember 2011 in Schloßborn. Er und seine Familie waren ihrer Gemeinde sehr eng verbunden, Chorlieder aus Kleins Feder erklangen schon Mitte der achtziger Jahre beim „Adventssingen“ in der Pfarrkirche Schloßborn, und der Kulturkreis Glashütten, dem die Familie fast von seiner Gründung an zugehörte, sorgte spätestens ab 1993 für die regelmäßige Aufführung seiner Kompositionen – zuletzt 2011 zu seinem 90., den er noch erleben durfte. In Nußdorf (heute ein Ortsteil von Landau/Pfalz) am 21. Mai 1921 geboren, erhielt Klein als Kind Instrumentalunterricht (Violine, Trompete und Orgel) und begann schon früh selbst zu komponieren, so dass er bereits im Alter von 13 Jahren eine seiner ersten eigenen Kompositionen in der Landauer Festhalle dirigieren durfte. Nach dem 2. Weltkrieg studierte er Komposition unter anderem bei Philipp Mohler und Wolfgang Fortner, gewann früh etliche Preise, war ab 1965 Professor für Komposition und Tonsatz und schuf nach und nach über 2000 Werke (darunter allerdings etwa 1500 kleinere Kompositionen, die er liebevoll „Einzeller“ nannte) quer durch alle musikalischen Gattungen – vor allem Kammermusik und Orchesterwerke und in späteren Jahren sehr viele Lieder und Chorwerke, besonders für Kinder- und Jugendstimmen. Sein der klassischen Tradition verhafteter, an seinen Vorbildern Hindemith, Bartok und Strawinski orientierter Stil hat einerseits immer auch Kritiker aus dem Lager der Avantgardisten auf den Plan gerufen, andererseits aber zur weiten Verbreitung seines Oeuvres bis in die Grundschulen hinein beigetragen. Aufgeführt wurde und wird seine Musik nicht nur in Europa, sondern auch in Japan, Mexiko und Brasilien, wo der Frankfurter Bariton Johannes Martin Kränzle seine „12 Lieder nach alten jiddischen Weisen“ zusammen mit dem Pianisten Hilko Dumno vortrug. (Diesen Liederzyklus sang Kränzle übrigens im Juni 2018 auf Einladung des Kulturkreises auch in Glashütten, er ist auf CD bei Oehms Classics erschienen.)
Dennoch muss man bei allem Lokalstolz wohl zugeben: Klein ist heute trotz seines umfangreichen Werkes in der großen weiten Welt der Musik kein wirklich bekannter Komponist, und selbst viele ausgewiesene Musikkenner und Berufsmusiker haben noch nie etwas von ihm gehört. Um so wichtiger und verdienstvoller, dass der Kronberger Dekanatskantor Bernhard Zosel zu diesem Gedenkkonzert vor allem junge Musikerinnen und Musiker gewinnen konnte, die sich mit vollem Einsatz und spürbarer Begeisterung der Aufführung dieser weitgehend unbekannten Musik widmeten. Nur Zosel selbst und der 1983 geborene, großartig singende Bassbariton Florian Küppers übernahmen als „Vollprofis“ zentrale Aufgaben, alle anderen Mitwirkenden waren Schüler, Studierende oder Amateure. Wirklich bemerkenswert dabei die Leistung der beiden jungen Leute an der Orgel: Die erst elf Jahre alte Anna Dückert spielte vier Sätze aus Kleins „Topoi“ für Orgel mit großer Sicherheit und differenzierter Gestaltung, obwohl das schon recht betagte Instrument in dieser Kirche als recht schwierig zu spielen gilt. Ebenfalls bewältigte Ferdinand Fahn den Orgelpart im Kyrie aus der „Missa de profundis“ virtuos und anpassungsfähig.
Aber zunächst eröffnete der junge Oboist Frederik Meffert mit „Voce seria“ – also mit „ernster Stimme“ – das Konzert, einem sehr klangschön vorgetragenen, elegischen Stück für Englischhorn und Orgel. Danach präsentierte Florian Küppers zwei Stücke für Bariton und Orgel, das „Morgengebet des Hl. Patrick“ und den „Schutzbrief“, ein Gedicht von Werner Bergengruen. Seine runde, volle Stimme erfüllte den Raum auch beim bereits erwähnten „Kyrie“, in dem ein kleines, sechsköpfiges Vokalensemble die liturgischen Worte „Kyrie eleison“, also „Herr erbarme Dich“, in den solistisch vorgetragenen deutschen Text einwarf.
Sehr eindrucksvoll war auch Küppers’ Sprechstimme bei der Rezitation der „Visionen des Propheten Habakuk“, bevor Frederik Meffert und Bernhard Zosel mit vier Sätzen aus den „Metamorphosen zu Texten von Meister Eckhart“ den ersten Teil des Konzertes beschloss.
Es folgte ein Vortrag des Frankfurter Kompositionsprofessors Dr. Jürgen Blume, einem langjährigen Kollegen Kleins, der sich mit Details aus dem Leben und Schaffen des Jubilars beschäftigte. Er vermittelte dessen Bemühen um Verständlichkeit und Schlichtheit bei aller musikalischen Tiefe und Qualität, das zeitlebens in eine offene, tolerante Religiosität eingebettet war. Hochvirtuos behandelte Lars Klengel seinen Kontrabass in der anschließenden „Ekloge“, während er im Duett gemeinsam mit der Cellistin Marie Laetitia Braun drei etwas schlichtere, fein nuancierte „Miniaturen“ präsentieren durfte. Dazwischen erklangen zwei Madrigale nach alten Texten, für vierstimmigen Chor gesetzt, einfach und doch raffiniert, ebenso wie die nach den Miniaturen erklingenden beiden Strophenlieder „Ich hab die Nacht geträumet“ für Frauenchor und „Paradiesgarten“ für Männerchor (ebenfalls jeweils vierstimmig), die sicherlich zu den schönsten Bearbeitungen deutscher Volkslieder für Chor gezählt werden können. Die Melodie des Paradiesgartens erklang anschließend noch einmal in den „Canti amorosi“ für Streichensemble, die von jungen Schülerinnen des Emanuel-Feuermann-Konservatoriums Kronberg souverän vorgetragen wurden.
Das Publikum in der pandemiebedingt nur sehr locker besetzten (obwohl ausverkauften) Kirche bedankte sich mit kräftigem, anhaltenden Applaus, den es sich das ganze Konzert über aufgespart zu haben schien – und der Chor wiederum bedankte sich mit „Aarons Segen“ als Zugabe, einer Komposition, die just in dieser Kirche 1995 im Beisein des Komponisten vom Oberhessischen Vokalensemble uraufgeführt worden war. So wurde zum Schluss noch einmal die enge Beziehung Richard Rudolf Kleins zu Glashütten und Schloßborn verdeutlicht und mit den Segensworten sein Herzensanliegen bekräftigt, seine Musik gerade jungen Menschen nahe zu bringen. Dieses Gedenkkonzert gab dafür reichlich Grund zur Hoffnung.
Dr. Hansjörg Melcher
Wanderung durch die Romantik - im Taunus
Endlich! Zum ersten Mal in diesem Jahr und fast genau acht Monate nach dem letzten Konzert – Christopher Parks Klavierabend im Oktober 2020 – konnte der Kulturkreis Glashütten am 25. Juni
2021 dafür sorgen, dass wieder Musik im dortigen Bürgerhaus erklang. Zwar galten immer noch die sattsam bekannten Regeln zur Pandemiebekämpfung, doch waren schon einige Unterschiede zum
vergangenen Jahr erkennbar: Viele Besucher präsentierten ihre Impfpässe, die ungeimpften zeigten ihr negatives Testresultat, und trotz weiterhin reduzierter Besucherzahl (50) wirkte der Saal voller
und die Sitzordnung lockerer als 2020. Hinzu kam das herrliche Sommerwetter, das es erlaubte, die Türen zur Lüftung geöffnet zu lassen, ohne das es drinnen ungemütlich wurde. Im Gegenteil, die leicht
von dünnen Wolken verschleierte Abendsonne tauchte den Raum in ein mildes Licht, das das Stammpublikum am Glashüttener Bürgerhaus kennt und liebt und das auch die Künstler des
Abends ausdrücklich nicht durch Vorhänge ausgesperrt sehen wollten.
Der Klarinettist Ib Hausmann – zuletzt im September 2018 hier zu Gast – und sein langjähriger Klavierbegleiter Frank Gutschmidt nahmen das Publikum mit auf eine fast
hundert Jahre umspannende Reise durch die Musikepoche der Romantik. Sie begann mit der Sonate für Klarinette und Klavier Es-Dur des damals gerade 15-jährigen Felix Mendelssohn, der, wie Ib Hausmann
erklärte, wohl damals schon den seinerzeit berühmten Klarinettisten Heinrich Baermann (1784-1847) in seinem Elternhaus kennenlernte und von seinem Spiel inspiriert worden sein dürfte. Langsam,
gleichsam tastend begann das Klavier zunächst allein, um dann die Klarinette bei einer sehnsuchtsvollen Kantilene zu begleiten, an die sich recht unvermittelt das tänzerische Allegro anschloss. Auch
in den beiden folgenden Sätzen, selbst bei der kurzen Fuge im Schlusssatz, herrschte ein unbekümmerter, tänzerischer Ton vor, den Hausmann vorzüglich traf – auch mit seiner locker-souveränen
Körpersprache. Schade, dass Mendelssohn acht Jahre nach dieser Sonate wohl nur noch ein Konzertstück für Klarinette, Bassetthorn und Klavier, nun definitiv für Baermann und seinen Sohn Carl,
geschrieben hat.
Vater Baermann war auch der Anstifter für Webers ungleich umfangreicheres Schaffen für die Klarinette. Mit Ende 20 schrieb dieser 1815-1816 das „Grand Duo Concertant“ für Klarinette und Klavier,
sozusagen „große Oper in Kammermusik“, wie Ib Hausmann es in seiner Moderation ausdrückte. Manchen Zuhörer erinnerte der 1. Satz stark an den „Freischütz“, und bei einem Thema mussten einige wohl gar
an den Gassenhauer "Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht“ aus Emmerich Kalmans Operette Csardasfürstin', die allerdings erst hundert Jahre später entstand, denken. Der 2. Satz war eine
melancholische Arie, mit der Gutschmidt und Hausmann die Stimmung einer Agathe oder einer Pamina heraufbeschworen, und hier zeigte sich Hausmanns Meisterschaft besonders in der Gestaltung der leisen
Töne. Im turbulenten 3. Satz, einem Rondo, wurden noch einmal alle Register heiterer Virtuosität von beiden Instrumentalisten gezogen, bis das Stück nach einer wirbelnden Stretta mit kräftigen,
Beifall heischenden Akkorden endete.
Nach der kurzen Pause (leider ohne die gewohnten Getränke, aber bei immer noch milder Temperatur auf dem Bürgerhaus-Balkon) folgte im zweiten Teil des Konzertes die Sonate für Klarinette und
Klavier B-Dur op. 107 von Max Reger aus dem Jahr 1909. Der Komponist war damals zwar erst Ende 30 und stand „mitten im Leben“, litt aber stark an der Überlastung durch seine Lehrtätigkeit an der
Leipziger Hochschule und zahlreiche Konzerte einerseits und an seinem Alkoholismus andererseits, so dass man bei seinen Kompositionen aus dieser Zeit ohne weiteres wie Ib Hausmann von einem
"Spätwerk" sprechen muss. Reger schrieb drei Klarinettensonaten, die sich zwar an Brahms und dessen Klarinettisten Mühlfeld orientierten, aber noch mehr durch die für seine Musik typische, oft
übersteigerte Komplexität gekennzeichnet sind. Der liedhafte 1. Satz steckt voller harmonischer und
rhythmischer Überraschungen, der 2. Satz beginnt wie ein echtes Scherzo, endet aber in fast völligem Stillstand der Musik, und die beiden Musiker brachten diese Kontraste wunderbar zur Geltung. Der
3. Satz klang dann wirklich sehr „brahmsisch“, erdig, während der letzte Satz wieder von Kontrasten geprägt war: Burlesk beginnend, abrupt breiter werdend, nachdenklich, dann wieder schneller im
steten Wechsel. Und wieder traten die beiden eine Wanderung durch die Tonarten an, bis am Ende das Adagio zurückkehrte und der Klarinettenton im Nichts verklang. Nach einigen Sekunden Stille löste
sich die Spannung mit einem unter den gegebenen Umständen durchaus kräftigen Applaus, für den sich das Duo mit einem Albumblatt von Max Reger als Zugabe bedankte.
Gerade für freie Musikerinnen und Musiker waren die vergangenen eineinhalb Jahre eine wirklich schwere Zeit – und für Veranstalter wie den Kulturkreis Glashütten auch. So bleibt uns allen die Hoffnung, dass solche wunderbaren Abende bald wieder in schöner Regelmäßigkeit und unter „ganz normalen“ Bedingungen stattfinden können. Die nächste Veranstaltung des Kulturkreises wird die Jazz-„Jam Session auf Wanderschaft“ am 10. Juli sein, die open air zusammen mit der Bürgerklause geplant ist (Beginn 18 Uhr). Auch eingefleischte Klassikfans sind dabei herzlich willkommen!
Dr. Hansjörg Melcher 25.6.2021
Samstag, 22. Juni 2020, Taunus Zeitung / Lokales
Ein Abend voller Premieren
mit freundlicher Genehmigung der TZ durch Frau Fuchs
Samstag, 30. Mai 2020, Taunus Zeitung / Lokales
Krimilesung zwischen Fernweh und Hygieneregeln
GLASHÜTTEN
Moderator und Autor Tim Frühling präsentiert "Kommissar mit Sonnenbrand" - Endlich wieder Kultur
Tim Frühling liest im licht- und luftdurchfluteten Bürgerhaus aus seinem Nordhessen-Gran-Canaria Krimi.
Die Abendsonne scheint durch die weit geöffneten Fenster. Der warme Wind zieht durch den großen Raum. "Schauen Sie sich dieses Farbspiel an. Das kann locker mit Gran Canaria mithalten." Auf die drittgrößte Insel der Kanaren entführt Tim Frühling seine Zuhörer. Die erste Lesung des Kulturkreises Glashüttens nach dem Lockdown wird spannend und führt von Hessen aus nach Gran Canaria.
Tim Frühling ist nicht nur bekannter deutscher Radio- und Fernsehmoderator. Seit ungefähr sieben Jahren schreibt er auch erfolgreich Bücher. Besonders gerne Krimis. "Eigentlich wollte ich nur mal ausprobieren, ob ich das kann", erklärt er seine Autorentätigkeit. Mittlerweile hat Frühling vier Krimis und zwei Reiseführer herausgebracht.
Aus seinem dritten Kriminalroman "Der Kommissar mit Sonnenbrand" liest er für die Gäste des Kulturkreises im Bürgersaal Glashütten. Die Vorsitzende des Kulturkreises, Elvy Mäkitalo, freut sich, "dass Herr Frühling auf die Anfrage positiv reagierte." Sie und Vereinsvize Hansjörg Melcher möchten das kulturelle Leben der Gemeinde wiederaufleben lassen.
Auf 30 Plätze beschränkt
Locker hätten Mäkitalo und Melcher noch etliche Karten mehr verkaufen können. "Die Nachfrage war groß. Ich musste zum Schluss eine E-Mail schreiben, dass wir nicht mehr Plätze belegen dürfen", erklärt die Vorsitzende. Die Corona-Auflagen erlaubten nur maximal 30 Besucher im Bürgersaal. "Früher hatten wir hier bis zu 180 Leute zu unseren Veranstaltungen", erzählt Melcher.
So ist es denn ein erlesener Kreis, der dem eloquenten und nebenbei äußerst attraktiven Autor zuhören darf. Bevor der Autor die Gäste mit auf seine literarische Reise in Richtung Süden mitnimmt, müssen sie zunächst jedoch noch alle Hygieneregeln befolgen, die eigentlich so gar nicht die südliche Lebensfreude verkörpern. Doch was sein muss, muss sein. Und so heißt es Kontaktdaten hinterlegen, Hände desinfizieren und Mund-Nasen-Schutz überstreifen.
Bodenmarkierungen und lose Bestuhlung im Bürgersaal wirken befremdlich. Doch nach wochenlangem kulturellem Darben nimmt man die Einschränkungen in Kauf. "Wir möchten gerne schrittweise und natürlich unter Einhaltung aller Auflagen wieder unsere Arbeit aufnehmen und das kulturelle Leben der Gemeinde bereichern", erklärt Elvy Mäkitalo. Tim Frühling gelingt der Übergang von der Realität im Bürgersaal in seine fiktive Welt aus Sonne, Sand und Spannung spielerisch. Von Anfang an nimmt er die Zuhörer mit auf die Reise seines Kommissars Daniel Rohde. Frühling liest Textpassagen und ergänzt die Handlung mit eingeworfenen Erklärungen.
Man folgt Professor Fabrizio, der mit seinem Hund am Edersee eine unerwartete Entdeckung macht. Der Zuhörer fühlt mit dem Besitzer einer Pizzeria, als dieser seinen mit zwei Einschusslöchern getöteten "viel zu gut aussehenden" Pizzaboten am Straßenrand entdeckt. War es etwa die geschiedene, wohlhabende, aus Deutschland ausgewanderte Künstlerin Giselle? Sie kauft gerne in Elenas Bäckerei frische Brötchen nach deutscher Rezeptur.
Die Künstlerin arbeitet Bilder aus Tierblut, deren "Gedärme sie über die Leinwand reibt." Während ihres Besuchs in der Bäckerei offenbart sie der Bäckerin auf der Suche nach neuen Herausforderungen zu sein. "Vielleicht sollte ich demnächst mal Menschenblut nehmen", so die Idee. Hat Giselle etwas mit dem Tod des Pizzaboten zu tun? Spinnt sie ein Netzwerk, das bis nach Hessen an den Edersee, einen der größten Stauseen Europas reicht?
Der "Kommissar mit Sonnenbrand" ist der dritte Teil der Krimireihe des Radio- und Fernsehmoderators Tim Frühling. Das Buch hat 192 Seiten. Gerade erst am 21. Mai neu erschienen ist der vierte Kriminalfall "Hessentagtod". Darin überführt Kommissar Rohde den Mörder einer Schönheitskönigin.
Esther Fuchs
Rückblick
Ein Füllhorn voller Wunder zum Sommerausklang
Am Samstag, den 21. September 2019, war im Glashüttener Bürgerhaus nach einem großartigen Sonnenuntergang ein besonderes Konzert zu erleben: Das Instrumentalensemble „La Serena“ präsentierte mit seinem neuesten Programm unter dem Titel „A Cup of Wonder“ einen Sound, der eine willkommene Abwechslung zur üblicherweise in den Konzerten des Kulturkreises Glashütten zu hörenden Musik darstellte. Die acht Musikerinnen und Musiker – alle selbstverständlich professionell ausgebildet und souverän auf ihren Instrumenten unterwegs – boten Melodien und Rhythmen dar, die ganz offensichtlich vielen im Publikum bekannt waren (man konnte einige sich im Takt wiegende Köpfe sehen), die aber in einem ganz eigenem Stil frisch und sehr unterhaltsam daherkamen.
Inspiriert von Singer-Song-Writern wie Ian Anderson (Deep Purple) oder Sting, von Jazzern wie Chick Corea, vom Tango-Revolutionär Astor Piazolla, aber auch von „klassischen“ Komponisten wie Johann Sebastian Bach oder Gabriel Fauré, kreierte „La Serena“ einen verführerischen, beschwingten und dabei niemals kitschigen oder banalen Mix aus alt und neu, bekannt und unbekannt, der keine Langeweile aufkommen ließ. Isabelle Bodenseh stand bei vielen Stücken im Mittelpunkt, sie wechselte von der „normalen“ Querflöte immer wieder (auch innerhalb eines Stückes) zur Bass-Querflöte und griff auch einmal zum Blockflöten-Sopranino, improvisierte, ließ raue Jazz-Flötentöne erklingen und zeigte sich auch – gemeinsam mit ihrer Oboen-Partnerin Ulrike Jordan ganz klassisch-virtuos, zum Beispiel in Bachs „Badinerie“. Rüdiger Schmid ließ seine Finger so traumwandlerisch über die Tasten seines Akkordeons gleiten, dass der große Piazolla sicher seine Freude daran gehabt hätte. Im charmanten Plauderton führte der Cellist Tilman Jerrentrup durch den Abend und gab dem Publikum ganz beiläufig auch einige interessante Erklärungen mit, zum Beispiel, dass das von Piazolla gespielte Bandoleon ja gar keine Tasten, sondern nur Knöpfe hat. An einigen Stellen konnte er auch den warmen Klang seines Instrumentes in schönen Kantilenen zur Geltung bringen. Hilde Singer-Biedermann rundete den Gesamtklang mit ihrer Geige als drittem Melodieinstrument harmonisch ab, setzte aber auch schon mal mit Castagnetten einen speziellen rhythmischen Akzent. Ansonsten war natürlich das von Jörg Fabig souverän bediente Schlagzeug zusammen mit dem aus dem Hintergrund traumwandlerisch sicher agierenden Bass von Frank Willi Schmidt für das rhythmische Fundament zuständig. Und last but absolutely not least: Der Gitarrist Jürgen Volkmer zauberte je nach Genre den Sonnenschein von George Harrison („Here comes the sun“), spanischen Flamenco oder auch keltischen Harfenklang in das „Glashaus“. Das Publikum war begeistert, und „La Serena“ bedankte sich mit drei Zugaben. Bestens unterhalten und beschwingt ging man in den letzten Sommerabend des Jahres 2019 hinaus nach Hause.
Dr. Hansjörg Melcher
Rückblick
Am 22. Juni lud der Kulturkreis Glashütten zu einem besonderen Konzert ein: Das finnische Klaviertrio „KAH“ spielte Musik der Klassik und Romantik im sommerlich warmen Bürgerhaus der Taunusgemeinde, von dessen Balkon die Besucher schon vor dem Konzert und dann in der Pause ein herrliches Landschaftspanorama in der Abendsonne bewundern konnten. Die „Mittsommernacht“ fasziniert als kürzeste Nacht des Jahres die Menschen schon von Alters her und ist in so manchen Ländern bis heute fester Bestandteil volkstümlicher Bräuche – ganz besonders in Skandinavien, wo ja nördlich des Polarkreises bekanntlich die Sonne in dieser Nacht überhaupt nicht untergeht. Spätestens seit Shakespeare hat sie auch die „hohe Kunst“ inspiriert, mit Folgen nicht zuletzt für die Musik aller Epochen von Henry Purcell über Felix Mendelssohn bis zu Richard Wagner.
Das noch recht junge (gegründet 2016) Trio, dessen Name sich aus den Anfangsbuchstaben der Vornamen der drei Musiker – Katri, Antti und Henni – ergibt und zugleich im nordkarelischen finnischen Dialekt soviel wie „Bitteschön“ bedeutet, war sich zuerst gar nicht sicher, ob es sich um „Juhannus“ 2019 wirklich ins ferne Deutschland aufmachen und auf die am Samstag zwischen dem 20. und 26. Juni obligatorischen Familienfeiern mit ihren Ritualen verzichten konnte und wollte. Aber dann ergab sich die Möglichkeit für eine kleine Tournée ins Rhein-Main-Gebiet mit mehreren Auftritten, und so gelang es der Klarinettistin Katri Laakso, ihre Freunde Henni Isojunno (Klavier) und Antti Vesterinen (Viola) von der Idee zu diesem Unternehmen zu überzeugen. In Glashütten hatte sie dann auch am 22. Juni ein wahres Heimspiel – hier ist sie aufgewachsen, hat an der St. Angela Schule Königstein Abitur gemacht und ihren ersten Klarinettenunterricht erhalten.
Den Anfang machten die drei Musiker mit einer soliden Interpretation des bekannten „Kegelstatt“-Trios Es-Dur KV 498 von Wolfgang Amadeus Mozart. Schön wurden die melodischen Linien zwischen dem abwechselnd führenden Klavier und der Klarinette hin und hergereicht, und das groß angelegte Rondo des Schlusssatzes erhielt so einen besonders abwechslungsreichen, tänzerischen Charakter.
Natürlich darf im Programm eines finnischen Ensembles der Nationalkomponist Jean Sibelius nicht fehlen. Seine Schauspielmusik zum Drama „Belshazzar’s Feast“ (Belsazars Gastmahl) von Hjalmar Procopé, einem bei uns ziemlich unbekannten schwedisch-finnischen Journalisten, Dichter und Dramatiker der vorletzten Jahrhundertwende, wurde für großes Sinfonieorchester geschrieben. Aus einer Klavierbearbeitung machte KAH eine Fassung für Klarinettentrio, was gut funktionierte und die unterschiedlichen Charaktere der vier Sätze prägnant zur Geltung brachte: Den orientalischen Marsch zu Beginn, das „einsame Lied“ und das „Nocturne“ als langsam-melancholische Mittelsätze und schließlich „Khadras Tanz“, in dem das mit einer Schlange tanzende Mädchen Khadra von dieser gebissen wird – was allerdings den spielerisch-leichten Charakter dieses Satzes kaum beeinträchtigt. Orient, Exotik, Sehnsucht nach dem Süden – auch das passte gut ins Mittsommer-Programm, durch das Katri Laakso charmant mit einigen erklärenden Sätzen führte.
Dmitri Shostakovich hatte es nicht leicht. In seiner russischen Heimat geriet er immer wieder in Konflikt mit der stalinistischen Sowjetführung, und im Westen dauerte es lange, bis seine Musik die Anerkennung fand, die sie fraglos verdient: Sicher war er einer der größten Sinfoniker des 20. Jahrhunderts, der in seinen Werken viel Leid und Irrsinn seiner Zeit verarbeitet hat, aber auch Ironie, Folklore und Jazz-Anklänge aufscheinen lässt. Trio KAH hatte sich eine „Suite“ aus fünf Stücken für zwei Violinen und Klavier ausgesucht und für seine Instrumente arrangiert. Verwundert rieb sich mancher Zuhörer die Ohren: Das sollte Musik von Shostakovich sein? Schwelgerisch-romantische Melodien in sehr konventioneller Harmonik ergaben ein gefälliges, aber ganz und gar „unmodernes“ Klangbild, das so gar nicht der Hörerwartung zumindest des Schreibers dieser Zeilen entsprach. Schön anzuhören war das nostalgische Werk allemal, die Sätze sind wie bei einer barocken Suite mit Tanzbezeichnungen überschrieben, und auch Tanz gehört doch zur Johannisnacht, nicht? Vielleicht musste der Komponist einfach auch mal Geld verdienen und stellte die (von ihm nicht so bezeichnete) „Suite“ aus ganz unterschiedlichen eigenen Werken – Schauspiel-, Film- und Ballettmusiken – zusammen, um sie auch für Kammermusiker interessant zu machen.
Eine ähnliche Entstehungsgeschichte erzählte einst Max Bruch über seine „Acht Stücke für Klarinette, Viola und Klavier“, die als zweites original für die KAH-Besetzung komponiertes Werk des Abends nach der Pause erklangen. Er, Bruch, habe damals seine Familie ernähren und darauf achten müssen, dass seine Stücke „leicht abzusetzen“ seien. Er schrieb das Werk in erster Linie für seinen Sohn Max Felix, der sich zu einem hervorragenden Klarinettisten entwickelt hatte. Bruchs umfangreiches Oeuvre ist, wie Katri Laakso richtig bemerkte, in unserem Konzertleben eher wenig präsent, man reduziert es leicht auf sein zu Recht berühmtes 1. Violinkonzert – und wie schade das ist, machten „Katri, Antti und Henni“ mit ihrer klangschönen und stilsicheren Interpretation dieser tief romantischen Musik deutlich.
Für den begeisterten Applaus des angesichts des sommerlich-warmen Wetters erfreulich zahlreichen Publikums bedankte sich das Trio mit der Zugabe des „Valse lente“ von Oskar Merikanto (1868-1924) und entließ uns beschwingt in den noch lange hellen Sommerabend. „Auf Wiedersehen“ – „Näkemiin“!
Dr. Hansjörg Melcher
Rückblick Liederabend „Träume“
am 4. Mai 2019 im Bürgerhaus Glashütten
Den Kulturkreis Glashütten gibt es nun schon stattliche 35 Jahre – kaum zu glauben und für solch eine doch eher kleine Gemeinde allemal beachtlich, vor allem angesichts des hohen Niveaus des Jahr für Jahr angebotenen Programmes. Klassische Liederabende zählten bisher nicht zu den häufigsten Veranstaltungen im Glashüttener Bürgerhaus, doch nach dem grandiosen Auftritt von Johannes Martin Kränzle und Hilko Dumno mit ihrem Programm „Das ewige Rätsel“ im Juni 2018 gab es nun am 4. Mai als drittes Konzert des Kulturkreises in diesem Jahr erneut einen Liederabend unter dem vielsagenden Titel „Träume“ – vielleicht ist man auf den Geschmack gekommen?
Allerdings unterschied sich der diesjährige Abend, den die in Kelkheim beheimatete Mezzosopranistin Britta Jacobus mit dem Pianisten Norbert Henß gestaltete, erheblich von dem im vorigen Jahr – lediglich, dass beide Gesangssolisten veritable Opernstimmen besitzen, ließe sich noch als Gemeinsamkeit anführen. Diesmal ging es ganz klar um „die Frau(en)“, ihre Liebe, ihr Leben und ihre Träume. In den beiden Liederzyklen „Frauenliebe und Leben“ von Robert Schumann und in Richard Wagners „Wesendonck“-Liedern wird eine ganze Welt romantischer Empfindungen und Gedanken aus weiblicher Sicht ausgebreitet, eine Perspektive, die im 19. Jahrhundert alles andere als selbstverständlich, sondern vielmehr sehr ungewöhnlich war. Schumann vertonte in seinem „Liederjahr“ 1840 zwar die Gedichte eines Mannes (Adelbert von Chamisso), in denen aber das lyrische Ich eine Frau ist, die den Bogen ihrer Gefühle vom ersten Verliebtsein bis zum Schmerz und der Trauer über den Verlust des geliebten Mannes spannt. Er widmete sie sicher ganz bewusst seiner Braut Clara, die er endlich nach quälenden Auseinandersetzungen mit seinem Schwiegervater heiraten durfte. Wagners Textvorlage waren Gedichte seiner Muse Mathilde Wesendonck, mit der ihn eine schwärmerische (außereheliche – 1857/58 unerhört!) Liebe verband.
Zu den Gedichtvorlagen ließe sich vieles, auch kritisches, sagen. Vor allem „Frauenliebe und Leben“ malt über weite Strecken ein Frauenbild, das uns heute im Lichte der Frauenemanzipation befremden mag. Jedoch: Britta Jacobus und ihr Begleiter verstanden es, diese Kritik völlig vergessen zu lassen. Dank der genialen Musik Schumanns wurden alle Gefühlsschattierungen unmittelbar deutlich und überzeugend, es entstand einfach das stimmige Porträt einer jungen und von Lied zu Lied reifenden Frau. Britta Jacobus unterstrich ihren Gesang mit passender, stets geschmackvoller Gestik, so dass der Liedzyklus fast zu einer kleinen Operninszenierung geriet – beeindruckend!
Norbert Henß leitete den zweiten Teil des Programmes mit dem bekannten As-Dur-Impromptu von Franz Schubert ein, 1827 komponiert und damit im Kontext des Abends eine Rückbesinnung auf die Anfänge romantischer Musik vor der Steigerung zu deren Höhepunkt, als die der „Tristan“-nahe Zyklus der Wesendonck-Lieder wohl durchaus gelten kann. Luzide perlend zu Beginn, steigert sich allerdings auch der Mittelteil des Impromptus bis in spätromantische Sphären, was Norbert Henß plastisch zu vermitteln wusste.
Richard Wagner verfasste die Texte zu seinen Werken fast ausschließlich selbst. Dass er bei seinem einzigen Liedzyklus eine Ausnahme machte und die Verse einer – bei allem Respekt – dichtenden Dilettantin vertonte, ist natürlich in seiner besonderen Beziehung zur Ehefrau seines reichen Gönners Otto Wesendonck begründet. In den Liedern, die unmittelbar nach Abfassung der Gedichte meist an einem Tag entstanden, geht es vordergründig um Engel, um die Schöpfung, um den Tageslauf der Sonne oder um die Pflanzen in einem Treibhaus. Dahinter geht es aber – wie sollte es anders sein – um die Sehnsucht nach Liebe, ihre Anfechtung, ihre Unmöglichkeit, ihre Träume und am Ende ihr Untergang. Auch hier wieder stellten die beiden Künstler eine Oper „in einer Nussschale“ auf die Glashüttener Bühne und ließen die Zuhörer das Fehlen eines großen Orchesters ganz vergessen. Ähnlich dann auch bei der ersten Zugabe, dem Gesang der Sieglinde aus Wagners Oper „Die Walküre“, der in Glashütten wohl live noch nie zu hören war. Zum Abschluss bedankten sich Britta Jacobus und Norbert Henß wortwörtlich mit der „Zueignung“ von Richard Strauss, in der es immer wieder heißt: „Habe Dank!“ – und in diesem Sinne ging das Publikum beeindruckt und bereichert nach Hause. Habt Dank und hoffentlich bald wieder einmal!
Als nächsten Programmpunkt im Jahr seines 35-jährigen Bestehens präsentiert der Kulturkreis Glashütten am 22. Juni 2019, 20 Uhr, im Bürgerhaus Glashütten ein Kammerkonzert „Musik zur Sonnenwende“ Werke von Mozart, Sibelius, Schostakowitsch und Bruch, mit dem Trio KAH, Katri Laakso (Klarinette), Antti Vesterinen (Bratsche), Henni Isojunno (Klavier). Eintritt 12 €, Kulturkreis-Mitglieder 10 €, Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre 5 €. Karten im Vorverkauf mit Platzreservierung bei Et cetera pp, per Mail info@kulturkreis-glashuetten.de und an der Abendkasse.
Weitere Informationen unter www.kulturkreis-glashuetten.de.
Kammerkonzert Phoenix Trio
am 23. März 2019 im Bürgerhaus Glashütten
Der Kulturkreis Glashütten e.V. hatte das arrivierte Phoenix Trio ein weiteres Mal eingeladen, und die jungen Musiker Sophie Müller, Violine und Viola, Leyla Kristesiashvili, Klavier sowie Markus Rölz, Klarinette, sind der Einladung gern gefolgt.
Das Programm wurde eröffnet mit der Sonate für Violine und obligates Cembalo in c-Moll BWV 1017 von Johann Sebastian Bach. Dass das Cembalo durch den Flügel ersetzt wurde, ließ lediglich den silbrigen Klang des Cembalos vermissen, was der Einführung in den Abend jedoch keinen Abbruch tat.
Der zweite Programmpunkt, die Sonate für Klarinette und Klavier, f-Moll op. 120 Nr. 1 von Johannes Brahms ließ erst einmal stutzen: Ist das wirklich Brahms? So modern, wegweisend aus der reinen Klassik in die Moderne klingt es hier. Zwei Sonaten für diese recht ungewöhnliche Besetzung komponierte Brahms im Jahr 1894, drei Jahre vor seinem Tod, für den Meininger Klarinettisten Richard Mühlfeld.
In die Pause entlassen wurde das aufmerksame Publikum mit einem Milontan für Violine, Klarinette und Klavier von José Bragato. Zuerst muss einmal die Frage beantwortet werden: Was ist ein Milontan? : Eine Mischung aus Milonga und Tango - und was ist eine Milonga?: Eine fröhliche Tanzgattung, Vorläuferin des Tango Argentina. José Bragato, geboren in Udine/Italien, emigrierte schon im Kindesalter mit seinen Eltern nach Argentinien, war befreundet mit Astor Piazzolla, der ihm sogar eine seiner Tango Kompositionen "Bragatissimo" als Zeichen ihrer Freundschaft widmete.
Der zweite Teil des Abends begann mit drei von Max Bruchs "Acht Stücke für Klarinette, Viola und Klavier op. 83". Bruch selbst verstand seine Musik als gefällig und leicht verständlich. Durch seine wirtschaftliche Lage als Familienvater und Ernährer sei er gezwungen, leicht Absetzbares zu komponieren, was ihm mit diesem Werk unbedingt gelang.
Béla Bartóks "Kontraste für Violine, Klarinette und Klavier" rundeten das Programm in mitreißender Form ab. Die Ecksätze des dreiteiligen Werkes erinnern unüberhörbar an Modelle aus der ungarischen Folklore, wobei Verbunkos und Sebes mit Werbetanz bzw. Schneller Tanz, und der Mittelsatz Pilhenö mit Entspannung bezeichnet sind. Bartók hat die "Kontraste" 1939 noch vor seiner Emigration in die USA komponiert, vollständig aufgeführt wurden sie jedoch erst 1940 in New York mit Benny Goodman (Klarinette), Joseph Szigeti (Geige) und Bartók selbst am Klavier.
Lang anhaltender, wohl verdienter Applaus belohnte das Phoenix Trio, das den Zuhörern einen wunderschönen Konzertabend bereitet hatte. Als Zugabe hatten die Musiker noch Astor Piazzollas "Der Winter" aus der Tango-Suite "Die Vier Jahreszeiten" im Gepäck.
Vortrag Professer Dr. Norbert Abels:
Giacomo Puccini und Richard Strauss
Einen mitreißenden Vortrag über das Leben und Werk der beiden in der Mitte des 19. Jahrhunderts geborenen Komponisten Giacomo Puccini und Richard Strauss erlebten die Besucher am 7. März 2019 im Evangelischen Gemeindezentrum Glashütten. Professor Dr. Norbert Abels, Chefdramaturg der Oper Frankfurt, vermittelte einen eindrücklichen Einblick in das Schaffen von Puccini, der uns als wichtigster Komponist Italiens nach Guiseppe Verdi unvergessliche Melodien unter anderem mit seinen Opern Manon Lescaut, La Bohème, Tosca, Madame Butterfly oder Turandot hinterlassen hat. Puccini starb bereits im Jahr 1924, während Richard Strauss nach einem langen Leben erst 1949 verstarb. Richard Strauss hat neben seinen bekanntesten Opern Salome und Elektra, Die Frau ohne Schatten, Arabella und weitere auch den Rosenkavalier sowie etliche Tondichtungen, wie z.B. die Alpensymphonie, Also sprach Zarathustra, Don Quixotte, Ein Heldenleben, Tod und Verklärung hinterlassen. Nicht zu vergessen ist sein Liedschaffen, das mit den Vier Letzten Liedern seinen Höhe- und Schlusspunkt erreichte.
Als weiteren musikalischen Höhepunkt im Jahr seines 35-jährigen Bestehens präsentiert der Kulturkreis Glashütten am 23. März 2019, 20 Uhr, im Bürgerhaus Glashütten ein Kammerkonzert mit dem Phoenix-Trio, Sophie Müller (Violine und Viola), Leyla Kristesiasvili (Klavier) und Markus Rölz (Klarinette).
7. März 2019 Gisela Hornig
Geglückter Start ins neue Jahr.
Wenn ein Verein, in diesem Fall der Kulturkreis Glashütten e.V., auf 35 Jahre seines Bestehens zurückblicken kann, darf man schon von einer gewichtigen Tradition in einer vergleichsweise kleinen Gemeinde sprechen. Und wenn das erste Konzert im Jubiläumsjahr so gut besucht und so hervorragend gespielt und angenommen wurde, dürfen sich auch die Veranstalter sicher sein, alles richtig gemacht zu haben. Genau richtig war nämlich unter anderem die Idee, das Jahr 2019 musikalisch zu beginnen und dafür das Ensemble Mundanus einzuladen.
Im Mittelpunkt dieser kammermusikalischen Gruppe steht Sabine Krams, in Glashütten aufgewachsen und seit 1989 stellvertretende Solocellistin des Frankfurter Opernhaus- und Museumsorchesters. Die vielseitig engagierte Musikerin ist in ganz besonderer Weise dem Kulturkreis Glashütten verbunden, stand sie doch jetzt zum zehnten Mal auf der Bühne des Vereins, nicht nur im Bürgersaal, sondern auch in den beiden Pfarrkirchen in Schloßborn und Glashütten. Ein Blick in die Vereinsgeschichte gibt Auskunft: Ihren ersten Auftritt beim Kulturkreis hatte Sabine Krams 1991 als Solocellistin mit Klavierbegleitung; wenig später mit dem Kreihsler Quartett, dann mit dem Grüneburg Trio, mehrmals zusammen mit ihrem Ehemann Siegfried Dietrich (Kontrabass) als Duo u.a. bei einer Uraufführung eines Werkes von Richard Rudolf Klein, und auch das Mundanus Ensemble hatte schon mehrere Auftritte beim Kulturkreis Glashütten.
Genau das passt zum Programm des Vereins, der gern immer wieder junge oder auch bereits arrivierte Musiker aus dem Umfeld der Gemeinde präsentiert. So kann man diesen gelungenen Konzertabend durchaus als ein Heimspiel von Sabine Krams und ihren Partnern bezeichnen und das mit einem ganz besonders passenden Programm.
Das thematisch weit ausholende Streichquintett g-Moll KV 516 von Wolfgang Amadeus Mozart bildete den ersten Teil des Abendkonzertes. Es ist in der späten Schaffensphase von Mozart in Wien entstanden, und schon der Beginn allein durch die 1. Geige, bestens besetzt mit Christine Schwarzmayr, bei sehr verhaltener Begleitung durch die 2. Geige (Stephanie Breitenbach) und Bratsche (Wolf Attula) zeigt den besonderen und etwas düsteren Charakter des Werkes auf. Im Gegensatz zum klassischen Streichquartett gibt es im Quintett zwei Bratschen (zusätzlich Tania Comejo Robles), was der Komposition einen profunden, aber damit auch melancholischen Unterton gibt, wie Sabine Krams in einer kleinen Einführung deutlich machte. Erst im Finalsatz hellt sich dann die Stimmung merklich auf, und das Publikum zeigte seine große Begeisterung über die Musik und die gelungene Ausführung. Besonders hervorgehoben werden muss das kongeniale Zusammenspiel der Musiker, die seit vielen Jahren gemeinsam auftreten, darüber hinaus aber auch einzeln einen gewichtigen Platz in der deutschen Musikszene innehaben.
Nach der Pause dann eine ganz andere Quintettbesetzung. Statt der bei Mozart doppelt besetzten Geige und Bratsche konnte man jetzt in Schuberts Forellenquintett A-Dur einen exzellenten Kontrabass sehen und erleben; und dazu übernahm der Konzertflügel mit der Pianistin Yukie Takeda häufig die Führung des musikalischen Geschehens. Nicht nur der Variationssatz mit der bekannten Liedvertonung „In einem Bächlein helle…“ atmet Fröhlichkeit aus, sondern das ganze Werk zeigt sich unbeschwert und kurzweilig und begeisterte das Publikum nicht zuletzt durch die Brillanz der Ausführung.
Die Vorsitzende des Kulturkreises, Frau Elvy Mäkitalo, hatte zu Beginn des Konzertes einen kurzen Überblick über die Entstehung und Entwicklung des Vereins gegeben, dazu zeigte eine kleine Ausstellung Plakate und Programme aus den ersten Jahren des Bestehens.
In der Pause konnte man viele lobende Worte hören. Nicht nur Glashüttener, sondern auch Idsteiner und Königsteiner Besucher waren sich einig: man braucht gar nicht so weit nach Frankfurt oder Wiesbaden zu fahren. Die Veranstaltungen des Kulturkreises Glashütten lohnen immer, und man hat sie sozusagen vor der Tür.
Rückblick auf das Adventskonzert 2018
Am 1. Advent veranstaltete der Kulturkreis Glashütten ein vorweihnachtliches Konzert in der stimmungsvoll geschmückten katholischen Heilig-Geist-Kirche in Glashütten.
Der Organist Lars-Simon Sokola und der Trompeter Alexander Sauer musizierten in der voll besetzten Kirche u.a. Werke von Giovanni Buonaventura Viviani, Felix Mendelssohn- Bartholdy, Georg Friedrich Händel und Johann Sebastian Bach, aber auch weniger bekannte Komponisten wie Giulio Caccini oder Johann Ludwig Krebs standen auf dem Programm. Ein Spiritual: "Sometimes I feel like a motherless child" durfte nicht fehlen und hat bei den Zuhörern für Erkennen und besondere Ergriffenheit gesorgt.
Es war ein schönes Erlebnis, die vor einigen Jahren sorgfältig restaurierte und um einige Register erweiterte Orgel in Verbindung mit der ventillosen Barocktrompete zu hören.
Beide Musiker, die sich schon seit ihrer Studienzeit an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst (HfMDK) in Frankfurt kennen, überzeugten mit gefühlvoller Interpretation und perfektem Zusammenspiel. Lang anhaltender Applaus war der Lohn.
Zwei Strophen des Adventsliedes "Macht hoch die Tür, die Tor macht weit" sangen am Ende des Konzertes alle Anwesenden, begleitet von Orgel und Trompete. Ein wunderbarer Abschluss des Jahres 2018 mit vielen schönen Veranstaltungen!
Im kommenden Jahr besteht der Kulturkreis Glashütten bereits seit 35 Jahren! Die Auftaktveranstaltung am 26. Januar 2019 um 20 Uhr im Bürgerhaus Glashütten wird ein Kammermusik-Abend mit dem Ensemble Mundanus sein.
Liederabend Johannes Martin Kränzle, Hilko Dumno Klavier
(9.6.2018 im Bürgerhaus Glashütten)
Als idealer Aufführungsort für den spektakulären Liederabend des Kulturkreises Glashütten erwies sich das Bürgerhaus mit der geschickt um Sänger und Pianisten im Halbrund platzierten Bestuhlung. Gerade bei dem angebotenen Programm „Das ewige Rätsel“ mit Liedern von Gustav Mahler, Frank Martin, Maurice Ravel und nicht zuletzt Richard Rudolf Klein genoss das zahlreiche Publikum die Nähe und die auch optische Präsenz des „famosen Sängers“ (zitiert nach der FAZ) Johannes Martin Kränzle, Bariton, und des den vereinseigenen Flügel sensibel einsetzenden Pianisten Hilko Dumno.
Waren schon musikalische und gesangliche Fähigkeiten des bekannten Lied-, Konzert- und Opernsängers Kränzle vor der Pause überzeugend genug, so wurde die Erwartung der Zuhörer noch übertroffen bei der Wiedergabe der „Zwölf Songs nach alten jiddischen Weisen“ des Komponisten, Frankfurter Hochschullehrers und langjährigen Mitbürgers der Gemeinde Richard Rudolf Klein, dem dieses Konzert zu Recht gewidmet war. Es war der damals noch Studierende an der Frankfurter Musikhochschule, Johannes Martin Kränzle, dem der Komponist vor mehr als 30 Jahren die Uraufführung seines Liederzyklus anvertraut hatte. Erst im Jahr 2016 hat Kränzle dieses Werk wieder in sein Repertoire aufgenommen, zusammen mit Hilko Dumno auf CD eingespielt und es inzwischen mehrfach mit immer noch wachsendem Erfolg aufgeführt. Nicht nur die musikalische Darstellung der humorvoll bis bitterernsten und tieftraurigen Texte in jiddischer Sprache gelang Kränzle so überzeugend, auch sein Mienenspiel trug wesentlich zum Verständnis des oft fremden Idioms bei. Gerade hierfür war die räumliche Nähe des Sängers zu seinem Publikum ideal.
„Das ewige Rätsel“ oder „Die alte Frage“ als Überschrift der sorgfältig ausgewählten Lieder lässt sich auf verschiedene Weise interpretieren, als Frage nach dem Sinn menschlichen Lebens überhaupt oder als Frage nach den Missverständnissen von Fragen und ihren Antworten im Kommunizieren der Menschen untereinander. In den Liedtexten fanden sich religiöse Fragestellungen ebenso wie allgemein menschliche, und das aus vielen Jahrhunderten mitteleuropäischer Sprachkultur.
Denjenigen, die diesen herausragenden Liederabend versäumt haben, sei die bei Oehms Classic erschienene CD wärmstens empfohlen. Sie ist von der renommierten Zeitschrift „Opernwelt“ zur CD des Monats Mai erklärt worden und damit eine würdevolle Erinnerung an Richard Rudolf Klein (1921 – 2011), an den liebenswürdigen Mitbürger und das langjährige Mitglied des Kulturkreises Glashütten e.V.
Einklang und Vielfalt
Am Samstag, den 28.4.18, gab es im Bürgerhaus Glashütten wieder ein bemerkenswertes Konzert, zu dem der Kulturkreis Glashütten eingeladen hatte. Das Cello-Ensemble „HansoriCelli“ brachte ein höchst anspruchsvolles und dabei abwechslungsreiches, unterhaltsames Programm zu Gehör.
Obwohl reine Cello-Formationen schon seit mindestens 45 Jahren sowohl das „klassische“ Konzertleben (beispielhafte Pioniere: die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker) als auch die Populärmusik (Apocalyptica!) bereichern, sind sie immer noch etwas Besonderes.
Der Name dieses 2012 gegründeten Ensembles geht auf den koreanischen Begriff „Han-Sori“ zurück, was im Deutschen am besten mit dem Wort „Einklang“ zu übersetzen ist. Es vereint neben den beiden Mitgliedern aus Südkorea (Seoyeon Hong) und China (Jingjing Zhu) Musikerpersönlichkeiten aus Hessen (Tobias Fischer), Bayern (Tobias Galler) und dem Allgäu (Judith Assenbaum). Sie alle haben ihre beruflich-musikalische Wahlheimat in Wiesbaden (überwiegend am Staatstheater) und finden bei HansoriCelli gut hörbar zu einem gemeinsamen musikalischen Ausdruck, eben dem „Hansori“. Den drei Damen und zwei Herren war dabei die Begeisterung für die vielfältigen Klang- und Stilmöglichkeiten des Violoncello anzumerken, die sie in wechselnder Besetzung mit großer Verve und gleichzeitig hoher Sensibilität und Geschmackssicherheit präsentierten.
Den lebhaften Beginn markierte das Konzert für zwei Violoncelli g-Moll von Antonio Vivaldi mit barocker Virtuosität und einer wunderschönen Kantilene im Mittelsatz. Auch in den folgenden, mehr lyrischen Stücken von Guillaume Paque, Johann Sebastian Bach (in seiner berühmte „Air“ aus der D-Dur Orchestersuite), Tomaso Albinoni und Gabriel Fauré verströmten die Celli ihren warmen, singenden Klang, der in Max Bruchs „Kol Nidrei“ zum Abschluss der ersten Programmhälfte auf anrührende Weise kulminierte. Bruch hatte dieses Stück 1880 auf Anregung des Cellisten Robert Hausmann komponiert und dabei für den ersten Teil den traditionellen Bußgesang (Kol Nidrei) des jüdischen Jom-Kippur-Festes zu Grunde gelegt, ohne dabei an eine liturgische Verwendung der Komposition zu denken. Später verbreitete sich auf Grund dieses Werkes das Gerücht, Bruch sei Jude, was in Nazideutschland zu Aufführungsverboten führte.
Nach der Pause startete HansoriCelli wieder bewegter mit einer sehr lebendigen Interpretation des D-Dur-Divertimentos von Joseph Haydn. Im folgenden Requiem für drei Violoncelli und Klavier vom im ausgehenden 19. Jahrhundert berühmten böhmischen Cellisten David Popper trat die Pianistin Jeong-Hwa Fischer zu Judith Assenbaum, Tobias Fischer und Tobias Galler hinzu und verhalf auch im folgenden Stück, dem berühmten „Lied an den Abendstern“ aus Richard Wagners „Tannhäuser“, der dann wieder kompletten Fünfer-Formation zu einem perfekt ausgewogenen Abbild eines großen romantischen Orchesters (arr. Tobias Fischer). Zum beschwingten Abschluss wurde dem begeisterten Publikum eine Folge mitreißender Tänze aus nahen und fernen Ländern geboten: „Tango passionato“ (Eduard Pütz), „Requiebros“ (ein Flamenco von Gaspar Cassadó), eine Konzertpolonaise (wieder von David Popper) und schließlich als Zugabe einer von Astor Piazzollas berühmten „Tango Nuevo“. Das „Glashaus“ geriet ins Schwingen, und es zeigte sich einmal mehr, dass man eine solche Unmittelbarkeit und Nähe zu großartigen Musikern in unserer Region fast nur bei den Konzerten des Kulturkreises Glashütten erleben kann. Wer dort war, wird das bestätigen – wer nicht, sollte sich wenigstens die nächsten Veranstaltungen dick in seinem Kalender eintragen:
Talkin’ without Barbara – Grippe mit Happy End
Wer gelegentlich in die Oper geht, kennt das: Bei geschlossenem Vorhang tritt (meist) ein Herr im schwarzen Anzug mit Mikrophon auf die Bühne und erklärt, dass die Sängerin oder der Sänger soundso leider erkrankt sei und statt ihrer oder seiner jemand anderes dankenswerterweise die Partie übernimmt. Diese Situation des Einspringens wird dann nicht selten zu einem unerwarteten Glücksfall für Künstler und Publikum, wenn nicht gar für die Einspringer zum Sprungbrett hinein in sensationelle Karrieren.
Das unter dem Titel „Talkin’ about Barbara” für den 4.3.2018 im Bürgerhaus Glashütten angekündigte Konzert des dortigen Kulturkreises stand unter ähnlichen Vorzeichen: Das Ensemble „Il Giratempo“ hatte den Abend unter dem Untertitel „17th Century Jazz“ mit dem Countertenor Philipp Mathmann und dem Jazz-Saxophonisten Magnus Mehl geplant, musste aber wegen Erkrankung des Sängers dieses Programm absagen. Fieberhaft wurde nach einer Lösung gesucht, die dank guter Vernetzung innerhalb weniger Stunden (!) gefunden werden konnte: Max Volbers, Gründungsmitglied von „Il Giratempo“ und einer der profiliertesten Blockflötisten der jüngeren Generation, bildet nämlich mit Elisabeth Wirth (Blockflöten) und Andreas Gilger (Cembalo) zusammen ein weiteres Ensemble, das sich „Asterion“ nennt, und dieses lud er zum Einspringen ein. So kam es, dass die beiden Formationen in Glashütten zum ersten Mal gemeinsam auftreten konnten und venezianische Musik des 17. Jahrhunderts um die Komponistin Barbara Strozzi präsentierten – zwar ohne die Musik der Namenspatrona des Konzertes selbst, die praktisch ausschließlich Opernarien komponierte und daher ohne Gesangssolisten kaum sinnvoll aufzuführen ist, und auch ohne Jazz, dafür aber mit phänomenaler Virtuosität und beispielhaftem Konzertieren der beiden Blockflöten-Solisten unter vollendeter Darbietung aller barocken Raffinesse und Verzierungskunst. Max Volbers und Elisabeth Wirth sind beide Stipendiaten des Deutschen Musikwettbewerbs 2017 und wurden mit „Asterion“ in die Bundesauswahl Konzerte junger Künstler (BAKJK) aufgenommen – eine nach dem Höreindruck dieses Konzertes hochverdiente Auszeichnung.
Die fünf Musiker – zu den drei bereits genannten gesellten sich mit Vanessa Heinisch (Theorbe und Chitarrone) und Dávid Budai (Viola da Gamba) noch zwei „Giratemponisten“ – begannen mit einer fulminanten „Sonata“ von Giovanni Fontana (1571-1630) und einer ebensolchen über das damals bekannte Volkslied „La Monica“ von Biagio Marini (1594-1663). Man merkte schnell: Die Musiker hatten „Spaß im Glashaus“, als das sich das Glashüttener Bürgerhaus mit seinem Blick über die Taunushügel im Hintergrund an diesem frühen Abend zeigen konnte. Danach hatte Andreas Gilger Gelegenheit, die hohe Kunst der barocken Liedbearbeitung in der Canzona alla Francese „Suzanne un jour“ von Andrea Gabrieli (1533-1588) auf seinem wunderschön anzusehenden und anzuhörenden Cembalo zu zelebrieren. Der Wohlklang einer Theorbe, also einer Barocklaute mit zweitem Wirbelkasten für die nicht zu greifenden, sondern tonweise gestimmten Basssaiten, kam in der „Sonata sopra ‚La Prosperina’“ von Giovanni Kapsberger (1580-1651) zur Geltung. Vanessa Heinisch spielte diese sehr innige, feine Musik hoch konzentriert und gleichzeitig gelassen – das Publikum hielt den Atem an. Auch bei den folgenden, wieder etwas extrovertierteren Stücken über zwei Palestrina-Madrigale, „Pulchra es amica mea“ und „Io son ferita ahi lasso“ lauschte es gebannt und hielt fast ohne Huster bis zum Schluss des Konzertes durch, obwohl sicher auch in Glashütten die Grippewelle ihre Opfer gefunden haben dürfte. Möglicherweise hätten zu anderen Zeiten auch mehr Zuhörerinnen und Zuhörer den Weg ins Bürgerhaus gefunden und wären so in den seltenen Genuss einer fast hautnahen Begegnung mit großartiger, kaum bekannter Musik, dargeboten auf höchstem Niveau, gekommen. Diejenigen, die dort waren, erlebten zum Schluss noch „die“ Ciacona des Venezianers Tarquinio Merula über ein kurzes ostinates Bassmotiv, das Andreas Gilger vorab vorstellte, worauf es dann von allen anderen Instrumenten virtuos umspielt und verziert wurde – ähnlich auch bei der Zugabe, der „Bergamasca“ von Marco Uccellini, die den beiden Blockföten nochmals Gelegenheit zu einem furiosen Schlussduett gaben.
Schade, dass die Musiker gleich nach dem Konzert in alle Himmelsrichtungen (unter anderem nach Salzburg und nach Bremen) davoneilen mussten – hoffen wir, dass sie einmal wieder zusammenfinden und vielleicht sogar nach Glashütten zurückkehren.
Keine Angst vor schweren Brocken
Wiedersehen mit jungen Künstlern aus Glashütten beim Konzert des Kulturkreises am 13. Januar 2018
Im voll besetzten Bürgerhaus Glashütten war am Samstag, den 13.1.2018 ein etwas verspätetes Neujahrskonzert zu erleben, das es in sich hatte. Nach ihrem gelungenen Auftritt im Oktober 2015 waren wieder einmal die Schwestern Johanna (18) und Pauline (15) Meisel am Konzertflügel und der Geiger Leonard Melcher (20) zu hören, die in Glashütten aufgewachsen sind und sich diesmal auch wahrhafte Schwergewichte der Kammermusik-Literatur vorgenommen hatten. Den Anfang machte Leonard Melcher mit der Sonate für Violine solo Nr. 2 a-Moll von Johann Sebastian Bach, die zusammen mit den fünf anderen Sonaten und Partiten des Barockmeisters als das „Alte Testament“ der Violinliteratur gilt. Der junge Musiker, der inzwischen bei Prof. Kolja Lessing an der Hochschule für Musik in Stuttgart Violine studiert, präsentierte das knapp halbstündige Werk sehr souverän und mit großem Atem, besonders die monumentale Fuge gestaltete er nach nahezu tänzerischem Beginn so abwechslungsreich und dynamisch differenziert, dass man fast vergaß, nur einer einzelnen Geige zu lauschen.
Danach stellten sich die beiden jungen Pianistinnen mit den beiden Eingangssätzen der Sonate F-Dur für Klavier zu vier Händen KV 497 vor, einem Werk, das Wolfgang Amadeus Mozart in einer glücklichen Phase seines Lebens zwischen den Opern „Die Hochzeit des Figaro“ und „Don Giovanni“ schuf und das er sehr gerne sowohl zusammen mit seiner Schwester, als auch mit verschiedenen Schülerinnen gespielt hat. Anschließend spielte Pauline Meisel allein „Variations sérieuses“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy, die dieser anlässlich der Errichtung eines Beethoven-Denkmals komponierte und mit denen er sich selbst ein musikalisches Denkmal setzte – ein Variationenzyklus, der nicht auf bloße Virtuosität setzt, sondern große musikalische Tiefe und Ernsthaftigkeit besitzt. Diesen Qualitäten des Werkes wurde die junge Pianistin auf staunenswerte Weise gerecht, hoch konzentriert und ganz bei sich spielte sie sowohl die lyrischen, als auch die enorm virtuosen Passagen – denn der vorzügliche Pianist Mendelssohn baute natürlich bei allem Ernst auch solche in dieses Werk ein. Auch in der anschließenden Etüde Nr. 5 „Arc-en-ciel“ von György Ligeti zeigten sich Pauline Meisels Musikalität und Gestaltungsvermögen.
Johanna Meisel, die wie ihre Schwester seit Jahren Schülerin der in russischer Pianistentradition stehenden internationalen Preisträgerin und Klavierpädagogin Irina von Knebel ist, interpretierte nach der Pause Ludwig van Beethovens Sonate Nr. 17 d-Moll für Klavier, op. 31,2 (“Der Sturm”). Welch ein Kontrast zur Sonate Nr. 11 B-Dur, die der Meister nur drei Jahre davor komponiert hatte und deren 2. Satz „Adagio con molto espressione“ noch vor der Pause von Pauline Meisel dargeboten wurde. In den zusammen mit der „Sturm-Sonate“ entstandenen Stücken brach Beethoven mit seinem ganzen bisherigen Schaffen, er wollte zu gänzlich neuen Ufern aufbrechen. Johanna Meisel zeigte diese neuartigen Formen auf beeindruckende Weise, vom leise einleitenden Arpeggio des eher düsteren ersten Satzes über das heitere Adagio bis zum tänzerischen Allegretto bewies sie neben technischer Souveränität ein feines Gespür für die Abgründigkeit schon dieser noch der mittleren Schaffensperiode Beethovens zuzurechnenden Musik. Das Publikum war tief beeindruckt und belohnte sie mit großem Applaus, wie bei Pauline Meisels Mendelssohn-Interpretation waren auch einige „Bravos“ zu vernehmen.
Die beiden jungen Damen setzten mit den „Morgenblättern“ von Johann Strauß noch einen beschwingten Schlusspunkt (mit tänzerischem Platzwechsel beim vierhändigen Spiel) unter dieses schöne Programm. Frau Mäkitalo vom Kulturkreis Glashütten bedankte sich im Namen aller bei den drei jungen Künstlern für ihre Darbietungen und verband mit diesem Dank den Wunsch, auch weiter an ihrer Entwicklung teilzunehmen und sie wieder begrüßen zu können. Man darf wohl gespannt sein…
Ib Hausmann und das Amatis Piano Trio –
hochklassige Musik im Bürgerhaus
Am Samstag, den 11. November 2017 waren im Bürgerhaus Glashütten die Musiker Ib Hausmann (Klarinette) und das Amatis Piano Trio, das sind Lea Hausmann (Violine), Samuel Shepherd (Cello) und Mengjie Han (Klavier), zu Gast. Ib Hausmann ist bekannt als einer der führenden Klarinettisten Europas, und das Amatis Piano Trio hat in den kurzen Jahren nach seiner Gründung im November 2013 bereits einen rasanten Aufstieg in der Musikwelt erreicht.
Zu Beginn des Konzerts erklang Joseph Haydns „Trio Es-Dur“ Hob. XV:10 Nr. 23 für Violine, Violoncello und Klavier.
„Haydenia“ für Klarinette solo, komponiert und improvisiert von Ib Hausmann verblüffte das Publikum durch Spontanität und Klangvielfalt. Besonders begeisterten die leisen, heiseren Klänge der Klarinette.
Von Josef Suk, Schüler und Schwiegersohn Antonin Dvoraks, folgte das Trio „Elegie“ op. 23. Dieses Stück - nach eigenen Angaben „Marken- und Erkennungszeichen“ des Amatis Trios - wurde auch im Bürgerhaus Glashütten vollendet gespielt.
Im Anschluss daran erklang Dimitri Schostakowitschs „Trio“ Nr. 1 c-Moll op. 8. Unglücklich verliebt und dazu erkrankt, komponierte Schostakowitsch dieses gefühlvolle, bewegende Stück bereits im Alter von 16 oder 17 Jahren.
Begeisterte „Bravo“ Rufe begleiteten die Musiker in die Pause.
Johannes Brahms „Trio“ a-Moll op. 114 für die interessante Besetzung Klavier, Klarinette und Violoncello läutete den zweiten Konzertteil ein. Ein weiteres Klarinettensolo von George Gershwin „Summertime“, improvisiert von Ib Hausmann, schloss sich an, bevor mit Astor Piazzolas „Verano porteno" (Sommer) für Klarinette, Violine, Violoncello und Klavier ein mitreißendes Finale gelang.
Lang anhaltender Beifall bewegte das Trio zu einer Zugabe von Felix Mendelssohn Bartholdy, die diesen gelungenen Konzertabend ausklingen ließ.
„Flötenspektakel“ im Bürgerhaus
Am Samstag, den 2. September 2017, waren im Bürgerhaus Glashütten die acht Musikerinnen des Frankfurter Ensembles "Flötenspektakel" mit sämtlichen Instrumenten der Querflötenfamilie zu Gast.
Bereits mit den ersten Tönen aus Wolfgang Amadeus Mozarts „Ouvertüre aus der Zauberflöte“ (arr. Nancy Nourse) wurde das Publikum in den Bann der Flötentöne gezogen. Es folgte Giovanni Gabrielis „Sonata Pian’ e Forte“ (arr. Stefanie Bieber). Danach gaben die Musikerinnen mit Edward Elgar dem Publikum ein „Rätsel“ auf. Gespielt wurden die „Enigma Variationen, op. 36“ (arr. Shaul Ben-Meir). In den einzelnen Sätze wurden mehrfach Instrumente gewechselt. So entstand eine verblüffende Vielfalt. Auch mit dem kommenden Programmpunkt von Felix Mendelssohn Bartholdy „Andante aus der 4. Sinfonie in A-Dur“ begeisterten die Künstlerinnen das Publikum. Mit dem Gedicht "Totentanz" von Henri Cazalis wurden die Zuhörer auf Camille Saint-Saëns' „Danse Macabre“ (arr. Aline Severijns) eingestimmt.
Nach der Pause eröffneten die Flötistinnen mit Wolfgang Amadeus Mozarts „Allegro molto aus KV 550 Sinfonie g-Moll“ (arr. Shaul Ben-Meir) den zweiten Teil des Konzerts. Im Anschluss daran wurde mit „Evening Rise“, einem indianischen Abendlied, jede Flöte der Querflötenfamilie vorgestellt. Es folgte Maurice Ravels „Pavane pour une Infante Défunte“ (arr. R.E. Thurston), welche das Publikum durch seine malerischen, traurigen Klänge fesselte. Auf die Trauermusik für eine verstorbene Prinzessin, die Ravel in seinem Stück darstellt, folgten „6 Walzer aus op. 39“ von Johannes Brahms (arr. Bernd Ickert). So sicherten sich die Flötistinnen ein abwechslungsreiches Programm, das von Trauermusik zu Walzer reichte. Der Abwechslungsreichtum wurde auch durch die verschiedensten Nationalitäten der Komponisten unterstrichen, da auf Monteverdi und Brahms sogleich Thomas Morley mit seinem „Sing we and chant it“ aus „The first Booke of Ballets“ folgte. Den Schlusspunkt setzte Arcangelo Corelli mit seinem „Concerto Grosso Nr. 11“ (arr. David H. Bailey). Corelli war zu seiner Zeit ein Superstar, seine Werke waren bereits verkauft bevor sie überhaupt komponiert waren. Er komponierte oft Stücke, in denen eine Gruppe solistischer Musiker einer Tutti-Gruppe (Laienmusikern) gegenüberstand, so konnten Profis und Laien gemeinsam musizieren. Die mehrfach dargebotenen barocken Stücke erklärten die Flötenakrobatinnen damit, dass sie nicht etwa „rocken“, sondern das Publikum mit ihrer Begeisterung zum Barock durch „barocken“ anstecken wollten. Dieser Vorsatz ist ihnen an diesem Abend äußerst gelungen.
Nach einer „coolen“ Zugabe von Dirko Juchem „Double Wind“ endete das beeindruckende Konzert - ein wahres Flötenspektakel.
„Blech 10“ begeistert im Bürgerhaus
Am Samstag, den 20. Mai 2017 waren im Bürgerhaus Glashütten die Blechbläser
„Blech 10“ zu Gast.
Das 11-köpfige Bläser-Ensemble wurde unterstützt durch Tobias Schmitt am Schlagwerk.
Eröffnet wurde der Abend mit John Williams „Olympic Fanfare and Theme“, welche das Publikum sofort begeisterte und die große Liebe der Musiker für Filmmusik bewies.
Es ging durch ein abwechslungsreiches Programm, denn das Ensemble spannte den Bogen über unterschiedliche Epochen und Genres.
Von der wirkungsvollen Renaissance-Musik Giovanni Gabrielis über Filmmusikarrangements wie „Winnetou“, „James Bond“ und „Indiana Jones“ bis hin zu Originalkompositionen von Enrique Crespo.
Ebenso überraschend war die für die Blechbläser bearbeitete Fassung der „Bohemian Rhapsody“. Die mitreißenden Jazz-Klänge „Sing sing sing“ von Louis Prima beendeten das offizielle Programm.
Die beiden Ensemble-Mitglieder Peter Schwaninger und Torsten Beckhaus führten gekonnt und humorvoll durch den Abend, indem sie vor jedem Stück noch eine kleine Anekdote bereithielten, die das Publikum vorzüglich unterhielt.
„Jealousy“ von Jacob Gade war eine Zugabe für das begeisterte Publikum und mit dem sehr stimmungsvollen „Abendsegen“ von Engelbert Humperdinck beendeten die Musiker unter langem Applaus das Konzert.