Kulturkreis Glashütten e.V.
Kulturkreis Glashütten e.V.

Glashütte "Unterhalb Dornsweg"

Ausgrabungen 2001 und 2005

 

Video über Ausgrabungen "Unterhalb Dornsweg"

https://vimeo.com/369158483

Kennwort:  Ausgrabungen-HAG

 

Einleitung

Bei Geländebegehungen war die Glashütte „Unterhalb Dornsweg“ durch Horst Nauk, Oberems (ehrenamtlicher Mitarbeiter der Kreisarchäologie und Mitglied des Kulturkreises Glashütten), 1998 auf einem nach Nordosten mäßig abfallenden Plateau wiederentdeckt worden. In Archivalien und historischer Literatur gab es zwar Erwähnungen dieses Standortes, der genaue Platz war aber in Vergessenheit geraten.

 

Ihre im Boden erhaltenen Reste umfassen ebenfalls einen Hauptofen und vier unter kleinen Hügeln verborgene Nebenöfen. Das Spektrum der dort aufgelesenen Produktionsreste hebt sich deutlich ab von der Schlichtheit der "An der Emsbachschlucht" geborgenen Funde. Auf der Dornsweghütte (Flurname auf Karten des 18. und 19. Jh. noch „Glashain“) wurde mit neuen Techniken, Formen und Farben experimentiert. Aufmerksamkeit erregt in der Wissenschaft bis heute die große Menge an rot opaken und reich verzierten Hohlgläsern, deren Abnehmer unbekannt geblieben sind. Diskutiert werden die Versuche, rotes Flachglas herzustellen.

 

Dieses Kulturdenkmal wurde im Vorfeld der Ausgrabungen, die schließlich im Juli/August 2001 und Anfang August 2005 stattfanden, ebenfalls vermessen, kartiert und geophysikalisch prospektiert.

 

Die Nachuntersuchung 2005 , die wichtige neue Ergebnisse erbrachte, kam dank einer großzügigen privaten Spende zustande.

Abb. 1: Ergebnis der geophysikalischen Prospektion und deren farblich hervorgehobene Interpretation. Länge der Untersuchungsfläche 50 m, Breite 40 m; 2 = zerstörter Hauptofen, 4a bis 4d = Nebenöfen 2 bis 5

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Grabungsergebnisse

Bereits das geophysikalische Messbild wies darauf hin, dass für den Hauptofen keine eindeutige Befundsituation mehr zu erwarten war (siehe Abb. 1 und 2). Die angelegten Suchschnitte erbrachten ein Trümmerfeld, das auf eine massive Zerstörung des Ofens hindeutete, die möglicherweise von den Glasmachern selbst vorgenommen worden war zwecks Aufbau eines neuen Ofens, der dann aber nicht erfolgte. Der stark verziegelte Boden in den Suchschnitten und die Funde - verglaste Steine der Ofenwandung, Rahmen von Arbeitslöchern, Läuterungsringe, Glasfritte, -kügelchen als Proben der Glasmacher, Fragmente von Glasmacherpfeifen, Glashäfen und große Mengen von Hohl- und Flachglasbruch – machten aber deutlich, dass nur hier der Hauptofen gestanden haben konnte.

Abb. 2: Der völlig zerstörte Hauptofen, der direkt auf den anstehenden Quarzit aufgebaut worden war

Die vier wiederum runden Nebenöfen, jeweils mit einem Durchmesser von drei bis vier Metern,  befanden sich dagegen in einem ungewöhnlich guten Erhaltungszustand. Sie dienten unterschiedlichen Zwecken. Die Öfen 2 und 5 fungierten als Nebenöfen vor allem zum Abkühlen der Glaswaren, aber wohl auch der Trocknung und Vorwärmung von Rohstoffen und Altglas. Die Kombination der Öfen 3 und 4 als Streck- und Kühlofen belegt wie auch bei der Glashütte “An der Emsbachschlucht“ die Flachglasproduktion. Die Abdeckung der Feuerungskanäle durch Schieferplatten zur Vermeidung von Funkenflug war im Ofen 3 noch sehr gut erhalten.

Abb. 3: Ofen 2 mit erkennbarem Feuerungskanal. Die äußere Fundamentierung wurde offensichtlich abgetragen. Die Befeuerung erfolgte von rechts.
Abb. 4: Ofen 3 (Streckofen) mit noch erhaltener, jedoch eingeknickter Schürkanalabdeckung (blauer Pfeil) und teilweiser erhaltener äußerer Fundamentierung. Die Befeuerung erfolgte von rechts oben, von wo aus auch Ofen 2 beschickt werden konnte.
Abb. 5: Ofen 4 (Kühlofen) mit Schürkanal und Resten der äußeren Fundamentierung. Die Befeuerung erfolgte von links, von wo aus auch Ofen 5 befeuert werden konnte.
Abb. 6: Ofen 5 (Nebenofen) mit Feuerungskanal. Die äußere Fundamentierung des Ofens ist hier nur schlecht erhalten. Die Befeuerung erfolgte von rechte oben.

In der Kombination von Streck- und Kühlofen wurden aufgeschnittene Glaszylinder ausgelegt, gerade gezogen („gebügelt“) und abgekühlt.

 

Die Arbeiten der Nachuntersuchung erstreckten sich ausschließlich auf den Haldenbereich, unmittelbar östlich des Hauptofens. Verfolgt wurden zwei Ziele: zum einen sollten weitere Erkenntnisse zu Glastechnologie, Produktpalette und Aktivitätsflächen gewonnen werden, zum anderen erhoffte man sich im Hinblick auf die Präsentation von Gegenständen für eine bereits geplante Dauerausstellung im Hessenpark (Thema "Die Waldglashütten im Taunus") die Bergung weiterer aussagekräftiger und vollständiger Objekte.

 

Beide Zielsetzungen hatten sich weit über das erwartete Maß hinaus erfüllt. Ein tiefer Schnitt durch die Grabungsfläche zwischen Hauptofen und östlichem Haldenrand hat ergeben, dass hier eine Pflasterung oder eine Straße bestand, die als Befestigung aus einer Nutzungszeit vor der Glashütte oder für den Glashüttenbetrieb einzustufen ist. Die Aufdeckung einer Pfostengrube beweist die Überdachung zumindest eines Teils des Hütten-Areals.

 

Fundmaterial

Die Sichtung des Fundmaterials (über 17.000 Fundstücke) belegt eine intensive Glasverarbeitung.

 

"Bemerkenswert ist die große Vielschichtigkeit des Gesamtrepertoires in Bezug auf Farbe und Form der Gläser. Zu etwa gleichen Teilen wurden optisch geblasene Rippen- und Kreuzrippenbecher aus grünem Waldglas sowie Becher und Flaschen aus schlierig rotopakem Glas hergestellt, darüber hinaus - zum kleineren Teil - Hohlgläser aus blauer Glasmasse. Bruchstücke von grünem und farbigem Tafelglas zeigen, dass zudem für Angehörige höherer sozialer Schichten produziert wurde. Schwierige Glasbläsertechniken, wie die der Herstellung von Kuttrolfen wurden hier ebenso beherrscht wie das Aufbringen feinster Fadenauflagen. In dieser Hütte wurden neue Formen und vor allem neue Farbkombinationen geschaffen. ... Über das gehobene Tafelglas hinaus sind ebenso Glasobjekte aus dem medizinisch-alchemistischen Funktionsbereich (vermutlich Pipetten oder Senkwaagen) gefertigt worden, womit sich eine große Produktpalette ergibt." (aus: P. Stepphuhn, Farbglasherstellung auf dem Taunuskamm gegen Mitte des 15. Jahrhunderts. In: Hessen Archäologie 2001, S. 160).

 

Die Rot- oder Blaufärbung des Glases erfolgte durch Beigabe von Kupferoxiden, wie aufgefundene Kupferschlacken belegen, und Kobalt. Neben Hohlglas wurde farbiges Fensterglas hergestellt, wobei versucht wurde, durchscheinendes rotes Glas herzustellen, was aber nur ansatzweise gelang.

Abb. 7: Bruchstücke roten Glases
Abb. 8: Bruchstücke blauen Glases
Abb. 9: Ein fast vollständiger Glashafen (Behältnis, in dem die Glasmasse geschmolzen wurde), der unweit des Ofen 5 geborgen wurde. Er weist einen verglasten Riss auf, der darauf hindeutet, dass das Gefäß während der Benutzung im Hauptofen zersprang, wodu

Das zusätzliche reiche Fundmaterial der Grabungskampagne von 2005 enthielt weitere Variationen von Nuppenformen und Fadenauflagen aus rotem Glas, zudem konnten neue Glasformen und weitere Fragmente zur Komplettierung bereits teilweise zusammengesetzter Glashäfen geborgen werden. Beim Keramik-Spektrum (gelb- und rottonige Irdenware mit feiner Riefung) kamen neue Formen und Warenarten (Mainz, Dieburg, Thalheim) dazu, gleichzeitig bestätigte sich der auch über die Keramik gewonnene Datierungs-Ansatz für die Glashütte mit "zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts".

Abb. 10: Ein stilisierter Vogel als Knauf eines Glasdeckels
Abb. 11: Fragment eines optisch geblasenen Bechers mit hochgestochenem Boden aus opakrotem Glas

Abbildungsnachweis:

Abb. 1: Posselt & Zickgraf Prospektionen GbR
Abb. 2 bis 6 und 9: E. Laufer
Abb. 7, 8, 10 u. 11: P. Steppuhn

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